Ein Gedanke
Foto © Jörg Niederer |
Ein Bibelvers - 1. Johannes 1,9
"Wenn wir aber unsere Schuld eingestehen, ist Gott treu und gerecht: Er vergibt uns die Schuld und reinigt uns von allem Unrecht, das wir begangen haben."
Eine Anregung
Bei den folgenden Sätzen aus der Abendmahlsliturgie, wie sie an der diesjährigen Tagung der Jährlichen Konferenz gefeiert wurde, merken alteingesessene Methodist*innen irritiert auf. Was sie hören ist zugleich bekannt und fremd. Im Gebet an Gott heisst es da:
"Wir bekennen, dass wir deine Liebe und deine Gebote achten und der Liebe weiten Raum geben. Dein Wille ist uns das Wichtigste.
Du rüstest uns für unseren Alltag mit Kraft aus, deshalb öffnen wir uns dir gerne.
Du hast uns geboten, wachsam zu sein, darum fällt uns die Not unserer Nächsten sofort auf.
Du hast uns gesandt, deinen Schalom zu verkörpern.
Wir lieben es in unserem Alltag dein Zeugnis der Liebe zu sein. Unser Leben soll dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern."
Der ursprünglichen, historischen Text lautet dagegen so:
"Wir bekennen, dass wir oft deine Liebe und deine Gebote missachtet und der Lieblosigkeit Raum gegeben haben. Du wolltest uns für unsern Alltag mit Kraft ausrüsten, wir aber haben uns dir verschlossen. Vieles war uns wichtig, aber für diene Aufträge nahmen wir uns wenig Zeit. Oft taten wir, was uns gefiel, und vergassen dabei dich und unsern Nächsten. Du hast uns gesandt, dein Heil zu bezeugen, wir aber sind der Welt dein Zeugnis oft schuldig geblieben."
Während ich das historische Sündenbekenntnis oft gedankenlos bete, habe ich mich bei der ins Positive gewendeten Version ständig gefragt, ob ich zu dem, was ich da Gott sage, wirklich auch stehen kann. Ich verspürte eine Hemmung, mich so vor Gott zu bekennen. Und gerade darum wurde ich mir in paradoxer Weise meiner Schuld bewusst.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde
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