Samstag, 18. Januar 2025

Maria Theresias letzte Fahrt in die Gruft

Ein Zitat

Warnung an der Fahrstuhltür, dass der Lift ausser Betrieb ist.
Foto © Jörg Niederer
"Einen Fahrstuhl zum Glück gibt es nicht, man muss die Treppe nehmen." Phil Bosmans (1922-2012), belgischer Ordenspriester

Ein Bibelvers - Hiob 19,25

"Aber ich weiss, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben."

Eine Anregung

Es ist eine seltsame Sache. Das, was wir heute Fahrstuhl nennen, hat nichts mit einem Stuhl zu tun. Und das, was wir Fahrstuhl nennen könnten, den Treppenlift, nennen wir in Entlehnung aus dem Englischen Lift. Der Aufzug, Gemäss DIN-Norm die offizielle Bezeichnung, wiederum ist zugleich auch Abzug. Ein Abzug hat wiederum nichts mit dem Fahrstuhl zu tun und auch nichts mit einem Zug. Da geht es um die Be- und Entlüftung von Räumen. Noch eine Ungereimtheit: Die Warnung auf dem Foto, dass der Lift nicht betreten werden dürfe, wird damit begründet, dass am Aufzug gearbeitet werde. Das stimmt zwar für den Montag. Aber kein Mensch arbeitete am Samstag und Sonntag an dieser technischen Errungenschaft. Am Wochenende hätte es heissen müssen: "Wir sind im Wochenende. Sie dürfen Treppen steigen."

Hebevorrichtungen sind schon sehr alt und basieren auf dem Flaschenzug von Archimedes. Das war wohl so um 236 vor Christus. Erste Personenaufzüge, in denen auch wilde Tiere befördert wurden, gab es um 80 n.Chr. im Kolosseum in Rom.

Die Bezeichnung "Fahrstuhl" wird mit der Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) in Verbindung gebracht. Für sie soll man im Westflügel von Schloss Schönbrunn in Wien einen Stuhl eingebaut habe, mit dem sie von Stockwerk und Stockwerk befördert wurde. Verbürgt ist auch der Fahrstuhl in der Kapuzinergruft, der Grabstätte der Habsburger in Wien. 15 Jahre lang besuchte die Kaiserin dort das Grab ihres verstorbenen Gemahls Franz Stephan, was ihr mit der Zeit zu Fuss die Treppe hinunter und wieder hinauf nicht mehr gut gelingen wollte. Also liess sie sich auf einem Stuhl an Seilen hinunter in die Gruft und auch wieder hinaufziehen. Das war der eigentliche erste Fahrstuhl. Es war im Jahr 1780, als nach dem Besuch des Grabs auf halber Höhe hinauf eines der Fahrstuhlseile riss, und die alte Dame zwischen Decke und Boden in der Luft hing, ohne Möglichkeit, sich zu befreien. Eine halbe Stunde habe es gedauert, bis man den Aufzug wieder repariert hatte. Sicher auf dem Boden angekommen meinte die Kaiserin: "Das war ein Zeichen. Die Gruft will mich halt nimmer hergeben." Drei Wochen später verstarb sie am 29. November 1780. Es ist nicht überliefert, ob der Sarg per Fahrstuhl in die Gruft hinuntergelassen worden war.

Zurück zum kaputten Aufzug bei uns im Haus. Vom Keller bis zu uns hinauf unter dem Dach sind es gerade einmal 4 Stockwerke. Zu Fuss ist das schon noch zu bewältigen. Zum Glück wohne ich nicht zuoberst im Empire State Building oder im Burj Khalifa.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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