Ein Zitat
"Eine noch nie dagewesene Fülle an Aktbildern malte Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle, also an einem der heiligsten Orte der katholischen Christenheit." Ingrid Bertel in einer Buchbesprechung über das Buch "Das Heilige und das Nackte" von Markus HoferFoto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - 2. Mose 33,21-23
"Und der Herr fügte hinzu [zu Mose]: 'Aber siehe, da ist ein Platz in meiner Nähe. Stell dich da auf den Felsen! Wenn dann meine Herrlichkeit vorüberzieht, will ich dich in den Felsspalt stellen. Solange ich vorüberziehe, werde ich meine Hand über dich halten. Danach werde ich meine Hand wegziehen, und du kannst hinter mir hersehen. Aber mein Angesicht kann man nicht sehen.'"
Eine Anregung
Ein eher schlechtes Foto von einer langweiligen Landschaft und der Titel, der zwar nicht Fäkalsprache wiedergibt, aber wohl doch etwas ins Vulgäre abgleitet; passt das für kirchliche Texte?
Als ich vor einigen Tagen an der abgebildeten Wiese vorbeikam, sie liegt direkt östlich angrenzend an den Oberen Bommerweier bei Siegershausen auf dem Thurgauer Seerücken, entdeckte ich, dass dieses Stück Land tatsächlich "Arsch" genannt wird. Flurnamen sind oft abgleitet aus alten unverfänglichen Bezeichnungen. Eine Wiese im aktuell landläufigen Sinn als Arsch zu bezeichnen könne doch wohl nicht zutreffen, dachte ich.
Zuhause schaute ich im Verzeichnis der Flurnamen nach. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass es erstens in vielen Kantonen Ortsbezeichnungen gibt, die "Arsch" im Namen enthalten. Allein im Grenzgebiet der Kantone Thurgau und St. Gallen sind es drei davon. Und zweitens bedeuten sie genau das, was du und ich dabei assoziieren. Sie bezeichnen den Allerwertesten, den Hintern, das Hinterteil, das Gesäss, das Füdli, den Po.
Aus der Reihe tanzt eine Ortsbezeichnung mit "Arsch" im Kanton Glarus. Dort kommt die einstige rätoromanische Ortsbezeichnung "Ars" aus dem Lateinischen und bedeutet "verbrannt" und weist folglich auf eine durch Brandrodung entstandene Landwirtschaftsfläche hin. Die später dort siedelten Alemannen verstanden das Wort nicht mehr richtig, und deuteten es als Bezeichnung für einen Hintern.
Nun ist die Wiese beim Bommerweier ziemlich flach, und damit gar nicht wie ein Gesäss geformt. Wie auch immer, ich war also für einen kurzen Moment am Arsch des Thurgaus.
Um nun diesen Ausführungen auch noch eine theologische Relevanz zu geben, sei hier auf Michelangelo und die Sixtinische Kapelle verwiesen. Unter seinen dortigen Fresken gibt es an zentraler Stelle direkt über dem Altar ein Bild, das Gott zeigt bei der Erschaffung von Sonne, Mond und Sterne. Dabei ist Gott einmal von vorn und einmal von hinten dargestellt.
In einer interessanten Rezension von Ingrid Bertel, überschrieben mit "Der Hintern Gottes", zum Buch "Das Heilige und das Nackte. Eine Kulturgeschichte" von Markus Hofer bezieht sie sich genau auf besagtes Fresko von Michelangelo, der darin den an sich körperverhüllten Gott mit blankem Hinterteil dargestellt hat. So habe wohl, gemäss Michelangelo, Mose Gott von hinten gesehen, als dieser an ihm vorüberzog.
Ziemlich gewagt, was sich da Michelangelo geleistet hat, am Ort der Papstwahl in Rom.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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