Montag, 6. Januar 2025

Hirtenbrief zur Notlage von Migranten, Einwanderinnen und Flüchtlingen

Ein Zitat

Irgendwo an der Grünen Grenze der Schweiz.
Foto © Jörg Niederer
"Was ist an einer Migrationspolitik gut, die sich nur in eine Richtung entwickelt: Immer mehr Restriktionen gegen Flüchtende, mit Tausenden von Toten an den Grenzen Europas und der USA." Jörg Niederer

Ein Bibelvers - Matthäus 25,35

Jesus sagte: "Wenn ihr einen Fremden aufnehmt, nehmt ihr mich auf..."

Eine Anregung

Am Tag der Erscheinung des Herrn, dem 6. Januar 2025, wendet sich der Bischofsrat der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche mit einem Hirtenbrief zur Notlage von Migranten, Einwanderinnen und Flüchtlingen an die Gläubigen. Im Folgenden gebe ich hier die Stefan Zolliker erstellte deutsche Übersetzung wieder. Das englischsprachige Original kann hier heruntergeladen werden. 


Im Laufe unseres Dienstes als Bischöfinnen und Bischöfe ereignen sich Dinge, die uns zwingen, eine prophetische und pastorale Stimme für die gesamte Kirche zu erheben. Seit einiger Zeit beobachten wir mit Besorgnis die Art und Weise, wie die Welt mit Migrantinnen, Einwanderern und Flüchtlingen umgeht.

Im Zuge der jüngsten nationalen Wahlen, bei denen die Hälfte der Weltbevölkerung einen Premierminister oder eine Präsidentin gewählt hat, ist das Thema Migration in vielen Fällen zu einem zentralen Wahlkampfthema geworden. Leider waren rassistische, fremdenfeindliche, nationalistische und migrationsfeindliche Hassreden die Standardrhetorik vieler dieser Politiker, die sich um diese hohen Ämter bewerben. Diese Rhetorik ist dabei ein Spiegelbild der täglichen Unterdrückung und Entmenschlichung unserer Brüder und Schwestern unter den Migrantinnen, Einwanderern und Flüchtlingen.

    • In Asien werden ausländische Hausangestellte zwar willkommen geheissen, erleben aber ständig sklavenähnliche Bedingungen, da sie in Abstellräumen, auf Balkonen oder im Wohnzimmer ihres Arbeitgebers schlafen müssen und ihnen oft ein freier Tag verweigert wird. 
    • In Afrika schliessen Regierungen, die Arbeitnehmer ins Ausland entsenden bilaterale Abkommen mit den Aufnahmeländern ab, in denen die Rechte der Arbeitnehmer missachtet werden.
    • In Europa und in den USA behandeln die Regierungen Asylbewerber häufig aufgrund ihrer Ethnie oder ihres Herkunftslandes unterschiedlich und treffen finanzielle Vereinbarungen mit Ländern in Nordafrika und Mittelamerika, um Migranten von der Weiterreise nach Norden abzuhalten.
    • In den Vereinigten Staaten hat der designierte Präsident Trump versprochen, das U.S. Refugee Admissions Program zu kürzen, was mit einem präsidialen Federstrich geschehen kann. Er hat auch damit gedroht, das Militär und die Strafverfolgungsbehörden auf allen Ebenen einzuschalten und auf allen Ebenen einzusetzen, um die 11 Millionen Einwanderer ohne Papiere, die in den USA leben und arbeiten, abzuschieben.

Angesichts dieser unmoralischen und ungerechten Praktiken ist es wichtig, uns an unser Taufgelübde zu erinnern das uns auffordert, 'dem Bösen in all seinen Formen zu widerstehen'. Da Migranten, Einwanderinnen und Flüchtlinge im Allgemeinen keine Stimme haben, müssen wir, Ihre Bischöfe, unsere Stimme erheben und Sie einladen, Ihre Stimme mit uns zu erheben. Als Evangelisch-methodistische Kirche haben wir in unseren Sozialen Grundsätzen erklärt, dass wir aufgerufen sind die Migranten, Einwanderinnen und Flüchtlinge unter uns aktiv aufzunehmen, indem wir 

    • die Würde, den Wert und die Rechte von Migrantinnen, Einwanderern und Flüchtlingen bekräftigen. 
    • anerkennen, dass Vertriebene besonders verletzlich sind, da ihr Zwischenstatus ihnen oft nur wenig Schutz und Vorteile bietet und sie somit anfällig sind für Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch.
    • einander auffordern, Migranten, Einwanderinnen und Flüchtlinge in unseren Gemeinden willkommen zu heissen und ihnen konkrete Unterstützung zukommen zu lassen, einschliesslich der Hilfe bei der Bewältigung der restriktiven und oft langwierigen Einwanderungsregeln und Hilfe zu leisten bei der Beschaffung von Lebensmitteln, Unterkunft, Bildung, Beschäftigung und anderen Formen der Unterstützung.
    • Widerstand leisten gegen alle Gesetze und politischen Massnahmen, die versuchen, vertriebene Personen und Familien zu kriminalisieren, zu entmenschlichen oder zu bestrafen aufgrund ihres Status als Migrantinnen, Einwanderer oder Flüchtlinge.
    • die Bemühungen verurteilen, Vertriebene zu inhaftieren und sie unter unmenschlichen und unhygienischen Bedingungen festzuhalten.
    • jene Massnahmen anfechten, die die Trennung von Familien, insbesondere von Eltern und minderjährigen Kindern fordern.
    • Widerstand leisten gegen die Existenz gewinnorientierter Haftanstalten, die Migranten, Einwanderinnen und Flüchtlinge, einschliesslich minderjährige Kinder, festhalten. 

(Vgl. Soziale Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche, Grundrechte und Freiheiten der politischen Gemeinschaft, Abschnitt G. Migranten, Einwanderer und Flüchtlinge)

Wir, Ihre Bischöfe, rufen das Volk der Evangelisch-methodistischen Kirche auf, für die Migrantinnen, Einwanderer und Flüchtlinge unter uns zu beten und sie mit der Fülle der christlichen Liebe aufzunehmen, und uns daran zu erinnern, dass wir Jesus, unseren Herrn, willkommen heissen, wenn wir diese Menschen, unsere Brüder und Schwestern, willkommen heissen.

Bischof Tracy S. Malone, Präsidentin des Bischofsrates

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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