Ein Zitat
Foto © Jörg Niederer
"Begegne den Menschen mit der gleichen Höflichkeit, mit der du einen teuren Gast empfängst." Konfuzius (551-479 v.Chr.)
Ein Bibelvers - Römer 12,10-11
"Liebt einander von Herzen als Brüder und Schwestern. Übertrefft euch gegenseitig an Wertschätzung. Lasst nicht nach in eurem Eifer. Lasst euch vom Geist anstecken und dient dem Herrn."
Eine Anregung
Wo sind die Menschen höflicher; auf dem Land oder in der Stadt?
Im Dorf, da grüsst man sich, in der Stadt geht man wortlos aneinander vorbei. Auf dem Land kennt man sich und hilft sich. In der Stadt nimmt niemand vom andern Notiz. In der Stadt beschimpfen die staugeplagten Autofahrenden die unverschämten Fahrradfahrer. Auf dem Land hat man Zeit und Fahrrad fahren sowieso nur die Schülerinnen. In der Stadt gibt es ein ausgeprägtes, parfümiertes Kulturleben, im Dorf riecht es in besten Fall einmal nicht nach Jauche. In der Stadt ist Schickimicki, auf dem Land herrscht gelassene Normalität.
Wo sind die Menschen also höflicher? Ich würde sagen, auf dem Land. Weil man sich da noch kennt?
Das war aber nicht immer so. Angesichts der Urbanität von Zürich habe ich mich gefragt, woher das Wort oder der Name "Urban" kommt. Wikipedia sei Dank habe ich es herausgefunden. Grundlage dieses in viele Sprachen übernommenen Fremdworts ist der lateinische Begriff "urbs" (nein, kein Rülpser). "Urbs" steht für "Stadt" und insbesondere für "Rom". Davon abgeleitet bedeutet "urban" "städtisch" oder "der Städter"; und nun kommts: "urban" steht auch für "der Höfliche, Feingebildete".
Zur Zeit von Papst Urban I. (gestorben 230) wurden die Städter also gleichgesetzt mit höflichen Menschen. Ob das wohl eine schmeichelhafte Selbstbezeichnung war, in Abgrenzung zur barbarischen, ungebildeten Landbevölkerung? Sahen sich so die Urbanen und Feingeistigen?
Fragt sich, ob Höflichkeit eine christliche Tugend ist? Es sieht ganz danach aus. So soll gemäss Bibel ein Mensch jede andere Person höher achten als sich selbst (Philipper 2,3). Paulus rät weiter, dass wir uns gegenseitig an Wertschätzung übertreffen sollen. So sieht Höflichkeit aus, die auf die Spitze getrieben ist. Wie sähe wohl die Welt aus, wenn wir uns alle daran halten würden? Wenn alle urban, höflich und zuvorkommend handeln und leben?
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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