Freitag, 14. Juni 2024

Befindlichkeitsrituale

Ein Zitat

Annegret Jende und Sigmar Friedrich in intensivem Gespräch während einer Konferenzpause.
Foto © Jörg Niederer
"Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Wenn wir aufhören, uns zu begegnen, ist es, als hörten wir auf zu atmen." Martin Buber (1878-1965)

Ein Bibelvers - Johannes 4,6+7

"Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von dem langen Weg und setzte sich an den Brunnen. Es war um die sechste Stunde. Da kam eine Samariterin, um Wasser zu schöpfen. Jesus bat sie: 'Gib mir etwas zu trinken.'"

Eine Anregung

Begegnungen sind ein wesentlicher Teil von Konferenzen. In diesem Jahr kommen nebst den vielen Delegierten, die ich kenne, auch noch die Gemeindeglieder der Methodistenkirche Rothrist dazu. Es sind schöne Begegnungen, die mich an die Zeit erinnern, als ich Pfarrer hier im Dorf war. So wurde und werde ich immer wieder gefragt, wie es mir gehe. Die schnellen Floskeln würden mich vor längeren Erklärungen retten. Soll ich wirklich sagen, es gehe mir gut, wenn es gar nicht so eindeutig ist? Also sage ich, und bewege den Kopf dabei nachdenklich hin und her, es sei mir auch schon besser gegangen. Das führt unweigerlich zu weiteren Erklärungen. Ich komme auf meine Schmerzen zu sprechen und dann auch auf den kürzlichen Tod meines jüngsten Bruder. Nun mag das wiederholte Erzählen mir helfen, diese belastenden Dinge zu verarbeiten. Zugleich möchte ich nicht jedes Mal die Aufmerksamkeit auf mich und meine Sorgen lenken. Auch ist es ja nicht so, dass es da nicht auch Schönes gibt im Leben, selbst jetzt, in diesen durchzogenen Tagen. Ich freue mich über all die interessanten Gespräche und Begegnungen, die oft anknüpfen an Erlebnissen, die schon weiter zurückliegen. Zugleich sind meine Gedanken immer wieder bei meinem Bruder, mit dem ich solche Begegnungen viel zu wenig hatte, und die ich nun auch nicht mehr nachholen kann.

Also frage ich zuerst, noch bevor man mich fragen kann: Wie geht es dir? Je nach Antwort folgt ein intensives Gespräch oder auch nicht. Beides ist und tut gut.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen