Donnerstag, 15. Februar 2024

Minarettkohl

Ein Zitat

Blick auf die fraktalen Strukturen und Fibonacci-Spiralen des Romanesco-Gemüses.
Foto © Jörg Niederer
"Außerhalb des deutschen Sprachkreises wird 'Roma' – oder einfach 'Rom' (das bedeutet 'Mensch') – auch als Sammelname für die gesamte Minderheit verwendet." Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma

Ein Bibelvers - Jesaja 1,9

"Doch einen kleinen Rest von uns hat der Herr Zebaot übrig gelassen. Sonst wären wir wie Sodom geworden, wie Gomorra wären wir untergegangen."

Eine Anregung

Mit dem Aschermittwoch ist die Gemüsezeit angebrochen. Fleisch ist ab jetzt bis Ostersamstag in einigen christlichen Denominationen verpönt. Es ist Fastenzeit. In dieser Zeit macht man mit Gemüse nicht viel falsch. Oder doch?

Darf eine Christin, ein Christ "Minarettkohl" essen? So wird der Romanesco auch genannt wegen der Türmchen. "Türmchenkohl" ist eine weitere Bezeichnung, nicht aber Kirchtürmchenkohl.

Andere Frage: Dürfen Schweizerinnen und Schweizer, welche ja ein Verbot von Minaretten in diesem Land durchgesetzt haben, Minarettkohl essen? Machen sich Bauernbetriebe strafbar, wenn sie zu einer unglaublichen Vermehrung von Minaretten in Form von Kohlblüten beitragen?

Auch mit dem Namen Romanesco könnte es heikel werden, steckt doch im Wortlaut eine diskriminierte und bis heute in der Schweiz nicht anerkannte Bevölkerungsgruppe: die Roma*nja. Seit 700 Jahren leben diese wohl aus Indien stammenden Menschen als Minderheit in Europa. Sie sprechen nebst der lokalen Sprache das indoarische Romanes und leben sesshaft mitten unter uns. In der Schweiz sind es etwa 50'000 Menschen.

Der Romanesco stammt übrigens aus dem Mittelmeerraum. Ein Immigrant, also. Es ist ein Blütengemüse. Wer Minarettkohl isst, isst die Blüte dieser Pflanze. Eine erstaunlich schöne Blüte, finde ich.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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