Donnerstag, 22. Februar 2024

Biegsam wie eine Weide

Ein Zitat

Weidenkätzchen sind Frühlingsboten.
Foto © Jörg Niederer
"Blick in die Welt und lerne leben, / bedrängt Gemüt; / braucht nur ein Tauwind sich zu heben / und alles blüht.
Die Hasel stäubt, am Weidenreise / glänzt seidner Glast, / Schneeglöckchen lenzt im halben Eise / und Seidelbast.
Braucht nur ein Tauwind sich zu heben, / verzagt Gemüt; / blick in die Welt und lerne leben: / Der Winter blüht."
R. A. Schneider

Ein Bibelvers - Jesaja 44,3+4

"Denn ich [Gott] giesse Wasser auf den ausgetrockneten Boden, im dürren Land lasse ich Bäche fließen. Ich gieße meinen Lebensgeist auf deine Nachkommen und meinen Segen auf deine Sprösslinge. Sie sprießen hervor wie Gras, wie Weiden an Wasserläufen."

Eine Anregung

Die Fremden haben viele Kinder. Den Fremden geht es zwar nicht gut, aber vielleicht sind sie gerade deshalb so fruchtbar. Bei Bäumen würde man von Angsttrieben sprechen. Der Baum will mit vielen Früchten das Überleben der Art sichern. 

Aktuell tragen die Weiden wieder Kätzchen. Kaum ist man im Freien, findet man die schnell wachsenden, biegsamen Bäume, sieht sie treiben und sich vermehren. Weiden in Flussnähe brechen bei Hochwasser oft ab. Doch aus jedem Zweig davon, in den Boden gesteckt, kann wieder ein neuer elastischer Baum werden.

Als Israel in Ägypten war, vermehrte es sich bei aller Unterdrückung so schnell, dass der Pharao zu drastischen Mitteln griff. Als Israel im Exil in Babylon war, da war es wieder so, obwohl es den Menschen damals nicht ums Feiern zumute war. Sprichwörtlich hängten sie ihre Harfen in die Weiden (Psalm 137,2). Deren Zweige wurden nicht mehr für den Feststrauss am Laubhüttenfest verwendet; ein Fest der Freude. Es war eine traurige, traumatische Zeit. Aber zahlenmässig sind die jüdischen Vertriebenen auch in der Fremde gewachsen. Not weckt den Überlebenstrieb.

Interessant: In Wohlstandsgesellschaften nimmt der Kinderwunsch ab. Wer viel hat, will nicht teilen. Nicht einmal mit den Generationen danach. Gott aber scheint immer wieder auf der Seite der Menschen zu sein, denen gerade Unrecht getan wird.

Vermutlich ist diese Sichtweise jetzt etwas zu wenig differenziert. Aber so ganz falsch, dass man nicht darüber nachdenken sollte, ist sie wohl auch nicht.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen