Mittwoch, 2. November 2022

Wehrhafte Pomeranze

Ein Zitat

Frucht einer Pomeranze an einem Bäumchen in Estavayer-le-Lac.
Foto © Jörg Niederer
"Wem es nie richtig gut geht, der verbittert. Wem es nie richtig schlecht geht, der versauert." Hans Krailsheimer (1888-1958) Jurist und Schriftsteller

Ein Bibelvers - Offenbarung 2,7

"Wer ein Ohr dafür hat, soll gut zuhören, was der Geist Gottes den Gemeinden sagt: 'Wer siegreich ist und standhaft im Glauben, dem gebe ich vom Baum des Lebens zu essen. Das ist der Baum, der in Gottes Paradies steht.'"

Eine Anregung

In diesen Tagen begegnete ich in einer Fernsehreportage erstmals der Pomeranze. Und zwar nicht in redensartlicher Weise sondern als Pflanze. Es ist eine Zitrusfrucht, die gut mit den klimatischen Bedingungen bei uns zurechtkommt. Allerdings sind ihre Früchte säuerlich-bitter, und so ist sie auch als Bitterorange bekannt. In der Reportage wurden die Früchte an den "Stadtbäumchen" mit Handschuhen geerntet, weil sie von bis zu acht Zentimeter langen Dornen geschützt werden.

In der Pomeranze steckt die lateinische Bezeichnung "pomum aurantium", oder auf Deutsch "goldiger Apfel".

Übertragen meint die Bezeichnung "(Land-)Pomeranze" - ähnlich wie "Landei" - ein etwas unbedarftes junge Mädchen vom Land, mit rötlichen Wangen in den Farben der Pomeranzenfrüchte. Später dann wurden mit dem Begriff auch sich plump benehmende Frauen ohne Anstand und Höflichkeit bezeichnet. Ein Schuss herber Unnahbarkeit schwingt dabei auch noch mit. Das ist natürlich eine unangebracht abwertende und sexistische Sprache. Ich habe auch noch nie gehört, dass sich jemand selbst als Pomeranze bezeichnet hätte, wohl aber als Landei.

Ich liebe Pomeranzen in Form von Bitterorangen-Konfitüre. Wobei ich nicht sicher bin, ob ich diese Konfitüre gegessen hätte, wenn sie als Pomeranzenmarmelade angeboten worden wäre. Es kommt eben darauf an, wie man etwas oder jemanden benennt.

Gelegentlich wird die Pomeranze auch in Bibelgärten als "Baum der Erkenntnis" ausgestellt. Da gäbe es aber auch noch andere Bäume, die in Frage kämen. Und wer weiss, vielleicht waren es ja die Äste des pomum aurantium, die als Dornenkrone in die christliche Überlieferung eingingen. Aber auch das ist, wie beim Paradiesbaum, reine Spekulation.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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