Sonntag, 24. Juli 2022

Von Nacktgeherinnen und Motorradschiebern

Ein Zitat

Skurrile Verbotstafeln am Altarm des Rheins in Diepoldsau
Foto © Jörg Niederer
"Zu den besonders erbitterten FKK-Gegnern gehören die Hersteller von Bademoden." Erwin Koch, geb. 1932, deutscher Aphoristiker

Ein Bibelvers - Jesaja 20,3-4

"Da sagte der Herr: 'Seit drei Jahren läuft mein Knecht Jesaja halb nackt und barfuß umher. So ist er ein lebendiges Zeichen und eine Warnung für Ägypten und Kusch: Dort wird der König von Assyrien Gefangene nehmen und sie verschleppen. Es wird Junge und Alte treffen. Halb nackt und barfuß werden sie weggeführt, sogar mit nacktem Gesäß. Es ist eine Schande für Ägypten."

Ein Anregung

Ich weiss nicht, ob das Schild noch da steht. Vor zehn Jahren fand ich es an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz. Eine Botschaft an alle Österreicherinnen und Österreicher: Wenn ihr in die Schweiz kommt, zieht gefälligst Kleider an! Als würde man drüben im vorarlbergischen Dornbirn mehrheitlich nackt den Geschäften nachgehen. Zumindest ersichtlich wird so, dass es Nacktwandernde schon vor 1988, also seit mehr als 35 Jahren gibt.

Die ganze Situation am Altarm des Rheins, der bei Diepoldsau die Landesgrenze bildet, wird noch skurriler, wenn man sich auch noch das auf dem Foto etwas nach hinten versetzte Motorfahrverbot anschaut und dort liest, dass Motorräder auch nicht gestossen oder geschoben werden dürfen. Ich stelle mir vor, wie da Nackte ihre Motorräder herumstossen und die Dorfbevölkerung sich echauffiert: Motorräder die man schiebt, das geht gar nicht. Wozu haben sie Motoren. Motorräder schieben, das ist etwas so, wie wenn man dem Fahrzeug den Respekt, die Kleidung nimmt. Das ist "Nacktgehen" für Motorräder. 

In Diepoldsau hätte der biblische Prophet Jesaja wohl einige Jahre lang ziemlich grosse Probleme gehabt. Nicht wegen des Herumstossens von Motorrädern - diese Problematik gab es vor 3000 Jahren noch nicht - sondern weil er damals drei Jahre lang demonstrativ unten entblösst in Israel herumlief, um damit vor der drohenden Kriegsgefahr zu warnen. Gott selbst meinte dazu, dass dieser Nacktperformer, dieser Jesaja, gerade weil er so unsittlich herumlaufe, sein treuer Mitarbeiter sei.

Ich bin ja nicht unglücklich, dass ich gerade keinen entsprechenden Auftrag von Gott habe. Weder in Diepoldsau noch sonst wo auf der Welt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen