Samstag, 23. Juli 2022

Die Schnecke auf dem Naumburger Marienaltar von Lucas Cranach dem Älteren

Ein Zitat

Briefmarke der Schweizerischen Post: Schnecke aus der Serie 'Tierbehausungen' von 2022.
Foto © Jörg Niederer
"Das sind doch keine Heiligen, die sehen ja aus wie wir." Laut Domprediger Michael Bartsch eine Reaktion auf den neuen Teil am Naumburger Marienaltar von Michael Triegel

Ein Bibelvers - Johannes 19,5

"Jesus kam heraus. Er trug die Krone aus Dornenzweigen und den purpurroten Mantel. Pilatus sagte zu den Leuten: 'Seht her! Da ist der Mensch!'"

Ein Anregung

Gerade habe ich 100 Schnecken gekauft. Nicht zum Essen, sondern als Alltagskunst. Abgebildet sind die Schnecke auf den Briefmarken der Schweizerischen Post, welche zur Serie "Tierbehausungen" gehört.

Aber nicht nur auf dieser Marke ist mir heute eine Schnecke aufgefallen. Von einer Bekannten habe ich einen Link erhalten zu einer Meditation über den von Michael Triegel ergänzten zentralen Teil des weltberühmten Naumburger Marienaltars. Das Original ist von Lucas Cranach dem Älteren, aber dessen Mittelteil wurde während der Reformation zerstört. 

Der neue Altar fasziniert und polarisiert. Michael Triegel hat darauf in der Szene um Maria und dem Jesuskind Menschen dargestellt, die es wirklich gibt oder gab. Unter anderen findet sich Dietrich Bonhoeffer unter den Dargestellten, Paulus ist als Jude gemalt und für Petrus stand ein Obdachloser Modell. Auffällig sind auch die sieben Frauen und drei weiblich dargestellte Engel. Was es auch zu entdecken gibt auf dem neuen Mittelteil: Unten kriecht eine kleine Schnecke hinauf zu Maria und dem Kind. Sie kommt sehr langsam voran, hat viel Zeit. Ihr spiralförmiges Gehäuse erinnert an die Ewigkeit. Ewig hat sie Zeit. Sie ist ja schon in der Ewigkeit zuhause, angekommen, wohin so viel Menschen ein ganzes Leben lang streben.

Auch die Rückseite des Naumburger Marienaltars wurde von Michael Triegel ergänzt. Dort wird der auferstandene Christus von Schmetterlingen umflattert. (Hier kann in einer Bildstrecke auch die Rückseite des Altars betrachtet werden!) 

Auf dem Altar gibt es noch mehr zu entdecken. Darum sollte man unbedingt die Meditation von Ansgar Wucherpfennig dazu lesen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde

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