Freitag, 7. März 2025

Windräder und weitere Strassen

Ein Zitat

Martin Neukomm und Markus Tofalo beantworten Fragen der Besuchenden am Ethik-Talk nach Aschermittwoch in St. Gallen.
Foto © Jörg Niederer
"Selbstfahrende Autos, in denen keiner sitzt, sind noch weniger effizient als Autos, in denen nur eine Person sitzt." Markus Tofalo in einer Antwort am Ethik-Talk nach Aschermittwoch in St. Gallen

Ein Bibelvers - Markus 2,2

"Daraufhin strömten so viele Menschen herbei, dass der Platz nicht ausreichte – nicht einmal draußen vor der Tür. Jesus verkündete ihnen das Wort Gottes."

Eine Anregung

Eingeladen von den der Christlichen Sozialbewegung KAB und der Ökumenischen Kommission GFS (Gerechtigkeit, Frieden, Schöpfungsbewahrung) der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen SG/AR/AI hörten sich rund 60 Besucherinnen am Ethik-Talk nach Aschermittwoch 2025 in der Stadt St. Gallen zwei unterhaltsam vorgetragene und inhaltlich erhellende Referate vom Zürcher Baudirektor und Vizepräsident des zürcherischen Regierungsrats Martin Neukom und vom St. Galler Verkehrspolitiker der GLP Markus Tofalo an. Wie inhaltlich spannend und zukunftsweisend die beiden unterschiedlichen Referate waren, zeigte sich auch daran, dass es nie schwer viel, den Worten der Referenten zu folgen. Auch die anschliessende Fragerunde wurde rege benutzt.

Während Markus Tofalo sich für eine zukunftsgerichtete Stadt-Verkehrspolitik stark machte, gerade jetzt, nachdem der Autobahnausbau abgelehnt worden ist, zeigte Martin Neukom auf, wie Realpolitik funktioniert, und wie man dennoch den angestrebten Zielen sehr nahe kommen kann. Das zumindest gelang in Zürich mit einem Gesetz, welches den Übergang von fossilen zu nachhaltigen, CO2-neutralen Heizungen bei Sanierungen regelt. Weiter machte er deutlich, dass erst ein Mix aus erneuerbarer Energiegewinnung zielführend sein kann. So brauche es, um vor allem die Stromlücken im Winter abzudecken die Windkraft. Neukom geht von etwa 1000 Windkraftanlagen für die Schweiz aus.

Um seine Ziele zu erreichen, achtet Martin Neukom auf fünf Prinzipien: 1. Zuhören. 2. Eine positive Einstellung zu Menschen mit anderen Haltungen. 3. Sich selber nicht zu ernst nehmen. 4. Anschlussfähig argumentieren. 5. Nicht übertreiben.

Weiter betonte er, dass nicht nur der Klimaschutz wichtig sei, sondern zunehmend auch Anpassungen an den Klimawandel, wobei Wasser immer eine entscheidende Rolle spiele. Entweder habe es zu wenig Wasser, oder dann zu viel davon. Zuviel Wasser könnte in Zürich entlang der Sihl und beim Hauptbahnhof zu Milliardenschäden führen. Aus diesem Grund wurde mit dem Bau eines Entlastungsstollens begonnen, der das Wasser aus der Sihl bei Hochwasser direkt in den Zürichsee leitet.

Daran knüpfte Markus Tofalo an, als er in seinen Ausführungen aufzeigte, dass der Bau von Verkehrstunnels mit Abstand am meisten CO2 zur Folge habe. So würde die Erstellung des Zubringers Güterbahnhof und Liebeggtunnel ca. 450'000 Tonnen CO2 ausstossen, soviel, wie täglich 20'000 Fahrten mit Verbrenner-Autos auf dieser Route während 105 Jahren. Aus diesem Grund solle man Tunnels nur bauen, wenn es gar keine andere Lösung gäbe, etwa - und das meinte er schmunzelnd - bei einem Entlastungsstollen als Hochwasserschutz. 

Im Referat von Markus Tofalo erfuhr man viel über Varianten der Verkehrsführung bei Tunnelsanierungen, über verschiedene Varianten der Verkehrsbewältigung, wobei er in St. Gallen vor allem im Fahrradverkehr viel Ausbaupotential sieht; über Pförtneranlagen, welche die Fahrzeit in die Stadt nicht verlängern, sondern dadurch lediglich die Wartezonen verschoben werden; dass Tempo 30 innerorts und Tempo 80 (nicht aber Tempo 60) auf Autobahnen den Strassenraum optimal nutzen und so den Verkehrsfluss erhöhen. 

Weiter betonte er, dass der Verkehrsflaschenhals, der entsteht bei der Einfahrt in eine Stadt, nicht durch weiteren Strassenausbau vor der Stadt beseitigt werden könne. Er plädierte für eine generelle Mobilität, bei der alle Verkehrsmittel aus einem Topf finanziert würden, wobei jeweils die effektivste Lösung umgesetzt werden soll.

Eine der Fragen an Markus Tofalo war denn auch, ob selbstfahrende Fahrzeuge etwas beitragen würden für die Reduktion des Verkehrsaufkommens. Sowohl er wie auch Martin Neukom waren da eher skeptisch. Tofalo meinte denn auch: Dann kommt zum allgemeinen Verkehrsaufkommen auch noch der Verkehr von leeren Fahrzeugen hinzu.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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