Sonntag, 23. März 2025

Naherwartung

Ein Zitat

Eine junge Frau wartet am Bahnhof Frauenfeld in der Sonne auf den Bus.
Foto © Jörg Niederer
"Wir müssen lernen, wieder aufzuwachen und uns wach zu halten, nicht durch mechanische Hilfe, sondern durch eine unendliche Erwartung der Morgendämmerung." Henry David Thoreau (1817-1862)

Ein Bibelvers - Matthäus 24,43+44

"Macht euch bewusst: Wenn der Hausherr wüsste, wann der Dieb in der Nacht kommt, würde er wach bleiben. Er würde es nicht zulassen, dass in sein Haus eingebrochen wird. Darum sollt auch ihr jederzeit bereit sein. Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr ihn nicht erwartet."

Eine Anregung

Wieviel Naherwartung ist noch in meinem Leben?

Von Naherwartung spricht man im Zusammenhang mit der Wiederkunft des Messias. Mir scheint, dass je älter ich werde, je mehr verliert diese Naherwartung an Bedeutung und Dringlichkeit. Gut, ich bin auch nicht in einer Notlage, in der ich mir wünschen würde, dass ein Weltenrichter diese beendet.

Warten macht Sinn, wenn das, worauf man wartet, in absehbarer Zeit geschieht. Ich warte immer wieder einmal auf Menschen, auf Züge, auf einen bestimmten, besonderen Tag, auch auf den Klimakollaps. Alles realistische Nah-Erwartungen. Aber DIE Naherwartung schlechthin ist der Geduld gewichen und zu Gedankenspielereien verkommen.

Ein Lied, in dem sich die Naherwartung durch jede Strophe hindurchzieht, wurde von Philipp Friedrich Hiller im Jahr 1767 geschrieben. Der Pfarrer litt an einer schwindenden Stimme, die es ihm unmöglich machte, zu predigen oder seine 11 Kinder zu unterrichten. Also schriebe er Lieder, so auch das Lied "Wir warten dein', o Gottes Sohn". Wie es klingt und von der Naherwartung spricht, kann man sich z.B. hier anhören!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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