Ein Zitat
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Foto © Jörg Niederer |
Ein Bibelvers - Prediger 7,13+14
"Gib acht auf das, was Gott tut: 'Wer kann geradebiegen, was er gekrümmt hat?' Am Glückstag sei guter Dinge, am Unglückstag aber denke daran: Den einen wie den anderen hat Gott gemacht. Deshalb verhalte dich entsprechend. Denn kein Mensch kann herausfinden, was die Zukunft bringt."
Eine Anregung
Gleich dreimal bin ich in der letzten Zeit auf Menschen gestossen, welche den Christ:innen hohe Sympathie entgegenbringen, und sich zugleich als Atheisten oder Nichtglaubende verstehen.
Beginnen wir mit dem erst kürzlich verstorbenen Peter Bichsel: Von Andres Eberhard lese ich in einem Beitrag von ref.ch über Peter Bichsels Verhältnis zu Gott: "'Ich muss ein religiöser Mensch sein, das habe ich zu akzeptieren, damit habe ich zu leben', schrieb Bichsel als eine Art Fazit. Sein ambivalentes Verhältnis zum Glauben brachte er in späteren Jahren mit unterschiedlichen Worten zum Ausdruck. Einmal sagte er: 'Ich glaube an Gott, aber ich weiss, dass es ihn nicht gibt.' Bei anderer Gelegenheit erklärte er: 'Ich glaube nicht an Gott, aber ich brauche ihn.' In einem seiner letzten Interviews formulierte er es so: 'Ich liebe Gott, aber er liebt mich nicht, weil es ihn nicht gibt.'"
Weiter ist da auch das oft wiederholte Zitat von Peter Bichsel über die Kirche, die ihren Gründer nicht los werden kann. Noch einmal Peter Bichsel, von Andres Eberhard zitiert: "'Der Kirche wird es nicht gelingen, ihren Gründer über Bord zu werfen.' Anders als etwa politische Parteien, die sich kurzerhand neu erfinden können, sei die Kirche auf immer und ewig an Christus gebunden. 'Das macht sie spannend und interessant.'"
Dann wäre da Wolf Biermann. In seinem Buch "Mensch Gott!" schreibt er in seiner gewohnt direkten und herben Sprache in einer Art Vorwort mit der Überschrift "All meine Gläubigkeit": "Und genauso ermutigte der Glaube an Gott auch eine tapfere Schar echter Christen in der DDR zur Insubordination. Solch echte Protestanten und Katholiken wurden von der Partei bevorzugt … verfolgt. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Christenmensch in der DDR zum Menschenschweinehund mutiert, war kleiner als im Westen. Ich erlebte, daß wirklich treue Hirten und echt fromme Schafe – was Wunder! –, daß diese gläubigen Menschen meine natürlichen Verbündeten waren im Kampf gegen den Stalinismus. An welchen Gott, egal welcher Konfession ein Menschenkind glaubt, das soll mich nicht von ihm trennen. Und wenn ich so einen Frommen treffe, der das Markenzeichen seiner Firma demonstrativ vor sich herträgt, dann argwöhne ich skeptisches Lästermaul automatisch: Hoffentlich glaubt dieser Mensch wirklich an seinen auserwählten Gott! Ich jedenfalls, das gebrannte Kind Karl-Wolf Biermann, kann weder an Gott noch an Götter glauben."
Zuletzt las ich in einem Sonntagszeitung-Interview mit dem Starphilosophen Slavoj Zizek. Er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: "Christlicher Atheismus." Hier ein Auszug aus dem Interview: "Wir sollten uns auch auf den subversiven Kern des Christentums besinnen... Ich meine damit nicht diese Vorstellung von Gott als einem guten alten Mann oder einer höheren Macht, die einen glücklichen Ausgang garantiert. Nein diese Idee stirbt am Kreuz. ... die Botschaft des Christentums lautet: Gott kehrt als Heiliger Geist zurück. der Heilige Geist ist eine egalitäre Gemeinschaft von Gläubigen, die völlig frei und für ihr eigenes Handeln verantwortlich sind. Deshalb mag ich ja auch Ihren Typen, also Calvin... Er war ein bisschen totalitär. aber er hat immer auf ein Misstrauen gegenüber den Mächtigen bestanden – und darauf, eine Regierung zu stürzen. Ich denke, ein authentisches Christentum als eine Gemeinschaft der Gleichberechtigten braucht einen neuen Calvin."
Darüber werde ich nun noch etwas weiter nachdenken.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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