Ein Zitat
"Warten bedeutet, dass das, worauf man wartet, wichtiger ist als das, was jetzt ist." Georg-Wilhelm ExlerFoto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Josua 20,1-3
"Der Herr redete mit Josua und sagte: 'Sag zu den Israeliten: Bestimmt Städte bei euch, in denen Menschen Asyl finden! Die Anweisung dazu habe ich euch durch Mose mitgeteilt: Jeder soll dorthin fliehen können, der ohne Absicht eine Person totgeschlagen hat. Die Städte sollen ihn davor schützen, dass Verwandte des Getöteten an ihm Blutrache üben.'"
Eine Anregung
Warten ist ein Teil des Spiels in der Adventszeit. Warten, dass der Tag der Bescherung kommt. Nicht mehr alle können warten. Doch es gibt auch Situationen, in denen wir keine Wahl haben.
Damit komme ich auf den Freiheitsstein zu sprechen, den man in der Stadt St. Gallen eingemauert am Ostteil des Schlösslis finden kann. Es ist eine Kopie vom einzigen noch vorhanden von insgesamt vier Steinen, die den Freiheitsbezirk zwischen dem Haus "Zur Hofstatt", dem Haus "Hinterm Turm", dem Turm der St. Laurenzen-Kirche, und dem Schlössli am "Spisertor" markierten.
Erstellt wurde dieser Bezirk, als 1567 die Schiedsmauer zwischen Stiftsbezirk und Stadt vollendet wurde, und so Menschen, die sich vor Blutrache in Sicherheit bringen wollten, die "Klosterfreiheit" auf dem Stiftsbezirk nicht mehr erreichen konnten. Es war Kaiser Rudolf II., welche der Stadt St. Gallen das eigene Asylrecht gab und den Freiheitsbezirk zugestand. Vor allem Personen, welche versehentlich Menschen getötet hatten, flohen in diesen Bereich der Stadt, um sich so vor Blutrache zu schützen. In Asylbereiche Geflüchtete durften weder ausgehungert noch zur Aufgabe des Asyls gezwungen werden. Einmal in der "Freiheit" angekommen, hiess es für die Delinquenten warten, was nicht besonders einfach war. In einem Artikel der St.Galler Nachrichten zum Freiheitsstein schreibt Franz Welte dazu: "Im Freiheits-Bezirk konnten die Täter die Verhaftung hinauszögern, aber nicht für lange Zeit bleiben. Es gab auch kein Haus, in dem sie Unterschlupf fanden. Sie mussten bei hier Wohnenden aufgenommen werden, was schwierig zu erreichen war.".
Nebenbei: Nachdem es Menschen in St.Gallen gibt, die sich wie Wiborada einschliessen lassen, oder wie Gallus in den Wald ziehen, warte ich darauf, dass auch jemand wie ein Todschläger versucht, im Freiheitsbezirk der Stadt Unterschlupf zu finden.
Mir waren diese Asylbereiche auch aus der Bibel bekannt. Dort sind es ganze Städte, in die von Blutrache Verfolgte fliehen konnten. Sie mussten oft ein Leben lang an diesen Orten verbleiben, was einer Art Hausarrest gleichkam. Warten, um zu überleben!
Wir dagegen warten auf das Erscheinen von Gottes Herrlichkeit auf der Erde. Darauf warte ich gerne. Und am Sonntag, 11. Dezember kann dieses Warten in direkter Nachbarschaft zum Freiheitsbezirk von St.Gallen auf besonders eindrückliche Weise bei der Weihnachtreise erlebt werden. Das wäre dann "aktives Warten"!
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen / Koreanische Gemeinde
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