Donnerstag, 10. Oktober 2024

Clay, Steve und Konrad in Porza

Ein Zitat

Das Grab von Formel-1-Rennfahrer Clay Regazzoni auf dem Friedhof in Porza.
Foto © Jörg Niederer
"Ich bin einfach ich selbst. Ich bin kein Draufgänger." Steve Lee (1963-2010), Leadsänger von Gotthard

Ein Bibelvers - 1. Petrus 1,24 (Bibelvers beim Eingang zum Friedhof in Porza)

"Denn es heißt: 'Alle Menschen sind wie Gras. Und ihre ganze Herrlichkeit ist wie eine Wiesenblume. Das Gras verdorrt und die Blume verwelkt. Aber das Wort des Herrn bleibt für alle Zeit.'"

Eine Anregung

Ein gesichtsloses Haupt - die Dornenkrone sagt alles. Mehr braucht es nicht. Die Plastik von Jesus findet sich auf dem Grab des 2006 verstorbenen Vizeweltmeisters in der Formel 1, Clay Regazzoni. Er starb 67-jährig bei einem Unfall auf Italiens Strassen, der bis heute nicht ganz aufgeklärt ist.

Das Grab findet sich auf dem Friedhof von Porza, unweit der Stadt Lugano. Porza liegt am Fernwanderweg Via Gottardo, auf dem wir wieder unterwegs sind. Dazu passt auch ein anderes Grab von einem weiteren, durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Menschen. Seinetwegen hörte sich heute meine Frau Musik der Rockgruppe Gotthard an. Steve Lee liegt unweit von Clay Regazzoni auf diesem Friedhof begraben. Bei einer Pause auf ihrer Motorradtour bei Mesquite im US-Bundesstaat Nevada fuhr 2010 ein Lastwagenfahrer mit seinem Brummer  in die stehenden Motorräder. Eines davon traf den Leadsänger tödlich.

Noch immer hat Steve Lee viele Fans, was man an den zahlreichen Gegenständen auf dem Grab erkennen kann. Die meisten davon sind wohl am Todestags der Schweizer Rockgrösse, dem 5. Oktober, hier abgelegt worden.

Porza. Es gibt noch weitere Geschichten. Hier findet sich das Museum von Erich Lindenberg (1938–2006), ein bedeutender Kunstmaler und Bruder von Rockmusiker Udo Lindenberg.

Dass Sandro Bertaggia (*1964), ein bedeutender Schweizer Eishockeyspieler, hier lebt, wo er einst selbst Tore schoss wie nun sein Sohn Alessio Bertaggia, ist naheliegend.

1970 verstarb in Porza Werner Kollath 78-jährig. Kein Ruhmesblatt für den Ort war dieser Arzt und nationalsozialistische Rassenhygieniker.

Noch ein brauner Geselle trieb in dem Ort sein Unwesen und liegt nun auf dem selben Friedhof bestattet wie Steve und Clay: Nino Rezzonico, am 5. März 1900 in Turin geboren, war der Gründer der Tessiner Faschistischen Bewegung. Es war im Frühjahr 1956, als der legendäre deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer ausgerechnet (und wohl unwissend) die Villa von Nino Rezzonico mietete, um sich im Tessin aus gesundheitlichen Gründen etwas auszuruhen. Das konnte nicht gut gehen. Die Presse bekam Wind von der Sache, und Adenauer hatte ein währschaftes weiteres Problem zu den anderen, die in damals plagten.

In Porza blieb Adenauer denn auch nur zwei Tage. Schneematsch und eine bescheidene Heizung sollen ihn vertrieben haben. In der Folge verbrachte er weitere unangenehme Tage im Hotel Monte Verità bei Ascona. Danach war Adenauer nie mehr ferienbedingt in der Schweiz. Wer kann es ihm verübeln.

Was ich aber zur Ehrrettung von Porza sagen kann: Im Gemeindehaus arbeiten sehr freundliche Menschen. Da kehrten wir ausserplanmässig zu einem Toilettenhalt ein, und bedanken uns an dieser Stelle ganz artig für diese herzliche Form der Gastfreundschaft.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen 

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