Freitag, 24. November 2023

Kirchliche Ausfahrt

Ein Zitat

Anschrift an Garagentor mit schmiedeeisernem, christlichem Symbol in der Altstadt von Liestal.
Foto © Jörg Niederer
"Bei der nächsten Ausfahrt bitte wenden." Anweisung von Navigationsgeräten

Ein Bibelvers - Lukas 11,24-26

Jesus: "Wenn ein böser Geist einen Menschen verlässt, irrt er in trockenen Steppen umher. Er sucht nach Ruhe, aber er findet sie nicht. Dann sagt er sich: 'Ich will in mein altes Haus zurückkehren, aus dem ich ausgezogen bin.' Er geht zurück und findet es sauber und aufgeräumt vor. Da macht er sich auf und bringt noch sieben weitere böse Geister mit."

Eine Anregung

Das Symbol setzt sich zusammen aus einem Doppelkreuz in der Tradition der Ostkirche mit seinen zwei unterschiedlich langen Querbalken, darauf das Andreaskreuz (der Legende nach sei an einem solchen Kreuz der Jesusjünger Andreas hingerichtet worden) und einer angedeuteten Schlange am Fussende des Kreuzes. Letztere steht dafür, dass Christus die Sünden und das Böse durch den Kreuztod gesühnt hat, dass er der Schlange den Kopf zertreten hat.

Diese spezielle Kombination hängt an einem Garagentor, das gegenüber dem reformierten Kirchgemeindehaus in Liestal zu finden ist. Ein weiteres Indiz, dass das schmiedeeiserne Symbol wohl auf die Kirche und die Christenheit verweist.

Nehmen wir einmal an, wir stehen vor der kirchlichen Garagenausfahrt. Diese soll jederzeit freigehalten werden. So steht es auf einem improvisiert angebrachten Anschlag.

Die Kirche soll die Möglichkeit haben, jederzeit aus sich selbst auszufahren, hinauszugehen, dahin, wo die Menschen strömen. "Auf die Strasse gehen" bedeutet in manchen christlichen Kreisen, die frohe Botschaft den Menschen weitersagen, die nicht mehr in die Kirche kommen, damit sie durch diese Botschaft überzeugt und überführt wieder in die Kirche kommen.

Da ist aber ein Unterschied zwischen dem, was man jederzeit tun können möchte, und dem, was man tut. Dass ich etwas jederzeit tun möchte, bedeutet nicht, dass ich es auch jederzeit tue. Und so wird die Kirche wohl nur selten aus sich ausfahren, und das ist schade. Es ist ein bisschen zum aus der Haut fahren. Denn so ist die Kirche immer weniger bei den Menschen, immer weniger da, wo das Leben den pseudoliturgischen Ritualen der Marktwirtschaft folgt und sich verliert. Stattdessen feiert sie hinter den Kirchmauern. Auch wenn diese Feiern "einfahren" sollten, haben sie ihre Bedeutung für die Gesellschaft weitgehend verloren. Denn auch wenn die Ausfahrt, die jederzeit freigehalten werden soll, auch eine Einfahrt ist, bedeutet das nicht, dass da jederzeit jemand auch in die Kirche einfahren möchte. 

Also, was ist zu tun?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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