Ein Zitat
"Gewalt ist ein Aspekt, der in meiner Arbeit sehr wichtig ist, da ich sie nicht hofiere oder auch metaphorisch behandle - ich zeige sie." Paul Renner (*1957)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - Jesaja 66,14
"Ihr werdet das sehen und euer Herz wird jubeln und eure Knochen werden sprossen wie frisches Grün. So offenbart sich die Hand des HERRN an seinen Knechten, aber er ergrimmt gegen seine Feinde."
Eine Anregung
Am Samstag beendete ich meine Reise auf dem Appenzellerweg, einem Seitenast des Jakobswegs, indem ich von Rankweil zum Hirschsprung pilgerte.
Den Anfang nahm die Reise bei der Kirche St. Peter in Rankweil. Sie ist eine der ältesten Gotteshäuser im Vorarlberg. Urkundlich erwähnt ist deren Vorgängerbau 842 als Herrenhofkirche. Ab dem 7. Januar 1125 bis zur Enteignung des Schweizer Klosters gemäss Reichsdeputationsbeschluss vom 25. Februar 1803 gehörte St. Peter dem Augustiner-Chorherrenstift in Kreuzlingen. Heute ist die Kirche St. Peter eine Pfarrkirche.
Neben diesem Gotteshaus befindet sich der Friedhof und ein zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbautes schlichtes Beinhaus. Noch im Frühjahr 2024 präsentierte sich das Beinhaus als Nutzraum. Die Gebeine der Verstorbenen waren dort nach Knochenart sortiert auf Gestellen gelagert (so sah es früher aus) und frei zugänglich. Seit dem 14. und 15. Juni 2024 findet man das Beinhaus eindrücklich umgebaut. Die Gebeine wurden nicht entfernt wie aus vielen anderen Beinhäusern, sondern geschützt durch Glasscheiben den Besuchenden präsentiert, kombiniert mit einer eindrücklichen Kunst- und Lichtinstallation des international bekannten Vorarlberger Künstlers Paul Renner. Er arbeitet oft mit Lebensmitteln, etwa mit Bienenwaben, welche er zu essbaren Wandbildern umgestaltet. In einem kurzen Video vom ORF wird Paul Renner portraitiert (Achtung, das Video enthält Schlachtungen von Tieren).
Die bernsteinfarbigen Bodenelemente erinnern denn auch an den goldigen Honig der Bienen. Im Beinhaus lese ich dazu: "Das historische Beinhaus wurde durch DI Bernhard Wüst (Architektur) und Paul Renner (Kunst) in einen Raum des Lebens und des Lichts transformiert. Die vertikal angeordneten Gebeine werden mit zwei Lichtquellen bestrahlt. Die untere dringt durch eine mit Harzen und Sedimenten belegte Glasplatte, die obere ist rein weiss. diese Lichtführung verweist auf die Spannung zwischen irdischer Vergänglichkeit und göttlicher Auferstehung."
Für mich ist das die eindrücklichste Umgestaltung eines Beinhauses, die ich bisher gesehen habe. Sie geht teilweise auf Kosten der historischen Funktionalität des Gebäudes, bringt die Form der Bestattung nach der Bestattung aber auch Menschen von heute nahe.
Mich liess der neu gestaltete Raum auf meinem Weg von Österreich in die Schweiz nachdenken über das Leben, den Tod und die Hoffnung. Gute Pilgergedanken, finde ich.
Siehe dazu auch meine Beiträge vom 17. März 2022 (Solferino) und 25. Juli 2023 (Leuk)!
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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