Ein Zitat
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Foto © Jörg Niederer |
Ein Bibelvers - 2. Korinther 5,19
"Ja, in Christus war Gott selbst am Werk, um die Welt mit sich zu versöhnen. Er hat den Menschen ihre Verfehlungen nicht angerechnet. Und uns hat er sein Wort anvertraut, das Versöhnung schenkt."
Eine Anregung
Mit der bevorstehenden Pensionierung miste ich auch meine Bücherschränke aus. Dabei kam ich gestern zu den Unterlagen der 2. Europäischen Ökumenischen Versammlung (2EÖV), die 1997 im österreichischen Graz stattfand. Ich durfte im Auftrag der Methodistenkirche daran teilnehmen. "Versöhnung" war das Thema. Nebst den intensiven Gesprächen und Begegnungen denke ich gerne an das abschliessende Fest zurück. Es war eine bunte, fröhliche, tiefgreifende Sache. Besonders viele Menschen aus Rumänien fanden sich dazu ein, nachdem die Visapflicht für dieses einstige Ostblockland weggefallen war.
Wenn ich aus Distanz heute zurückschaue, frage ich mich, wie viel von dieser Aufbruchstimmung und der Hoffnung auf Versöhnung geblieben ist. Die Zeit heile alle Wunden, sagt man. Doch ist es nicht auch so, dass die Zeit so manche Zuversicht zunichte machen kann. Überall sehen wir, wie Grenzen wieder aufgerichtet werden. Strafzölle sind das Thema in den Medien. Invasionsgelüste der Grossmächte bedrohen Freund und Feind. Menschen sterben an Kriegsfronten, darunter viele Zivilist:innen. Missbrauch ist das grosse Thema in den Kirchen. Zugleich verlieren die Religionsgemeinschaften in der westlichen Welt immer mehr an Einfluss.
Was ist von der Versöhnung geblieben? So habe ich mir den Neuanfang und die weitere Entwicklung nicht vorgestellt.
Ich glaube, es ist heute nötiger denn je, dass die Menschen des Glaubens zusammenzustehen, um das Wort von der Versöhnung mitten in der Welt zu leben, gegen alle Trends und Entwicklungen. Lassen wir die theologischen Differenzen beiseite. Das braucht niemand in diesen Tagen, in denen wir zur Hoffnung der Welt beitragen müssen, und dies mit aller Kraft und Ausdauer.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen
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