Freitag, 11. April 2025

Flirtfaktor Kirchenpersonal

Ein Zitat

Die Kanzel in der Kirche der Propstei Wislikofen.
Foto © Jörg Niederer
"Freunde gewinnen und Freunde erhalten, die neuen sind Silber, doch Gold sind die alten." Sprichwort

Ein Bibelvers - 1. Könige 1,6

"Sein ganzes Leben lang hatte ihn sein Vater nicht zurechtgewiesen. Nie hatte er gefragt: 'Warum handelst du so?' Adonija war außerdem ein schöner Mann und war als nächster Sohn nach Abschalom geboren."

Eine Anregung

Vor Jahren hörte ich am Radio ein Lied, in dem ein Mann die Gottesdienste in einer evangelischen Kirche besuchte, weil ihm die schöne Pfarrerin so gut gefiel. Dabei gelang es ihm bei ihrem Anblick nicht, sich auf den Inhalt der Predigt zu konzentrieren. Dieses Lied ist wohl heute nicht mehr opportun, und so konnte ich es auch nicht in den Weiten des Internets finden.

Damals stellte ich mir die Frage, was das Aussehen einer Pfarrperson bedeutet für den missionarischen Erfolg der Kirche. In der Wirtschaft gibt es ja dieses Bild eines erfolgreichen Managers. Zwar ist kein Sixpack verlangt, aber zumindest schlank und drahtig sollte er sein. Auch weiss man, dass übergewichtige Menschen es oft schwerer haben im sozialen und beruflichen Umfeld.

Sollte man also in der Kirche nur landläufig als schön geltendes Personal einstellen? Daran wurde ich wieder erinnert, als ich in einem Buch der britischen Autorin Barbara Pym mit dem Titel: "Vortreffliche Frauen" lass. Das Buch spielt im England der Nachkriegszeit. Im Abschnitt, den ich meine, wird in der anglikanischen High-Church-Gemeinde gerade ein Flohmarkt durchgeführt. Dabei unterhalten sich zwei unverheiratete, schon etwas ältere Frauen: 

"Schwester Blatt musste wider Willen lachen. 'Die Frau traut sich was, alles was recht ist. Lädt mich zu ihrem Flohmarkt nächste Woche ein und erzählt mir, welch reizender Mann ihr neuer Priester ist, Father Bogart! Als ob mich das locken könnte.'

'Oh, unterschätzen Sie nicht, welche Rolle so etwas spielt und schon immer gespielt hat. Wo stünde die Kirche heute ohne einen `reizenden Mann` hier oder da?'"

Soweit dieser kurze Dialog. Einige Seiten weiter sinniert die Titelheldin über Glanz und Romantik nach und stellte fest:

"In meinem Umfeld gab es herzlich wenige, die als glanzvoll und romantisch durchgehen konnten. Geistliche konnten und mussten gleich ganz aus dem Spiel gelassen werden, beschloss ich, und damit blieben nicht viele übrig."

Schon damals also wurde das Aussehen und der Flirtfaktor der Pfarrpersonen beachtet. Brauchen wir also in der Kirche so etwas wie Supermodels auf den Kanzeln, damit die Bänke und Stühle darunter sich wieder füllen? Aber vielleicht reicht dazu ja auch die Familie der Pfarrperson. Wie heisst es doch in einem sehr bekannten, von Sina gecoverter Song: "Där einzigä wa mich het chännu värfiäru, isch där Sohn vom ä Pfarrär gsi".

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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