Samstag, 16. November 2024

Kaiserbuntbarsch im Kantonsspital

Ein Zitat

Zuchtform des Kaiserbuntbarsches mit der lateinischen Bezeichnung Aulonocara marmelade cat in einem Aquarium des Kantonsspitals Frauenfeld.
Foto © Jörg Niederer
"Der entwischte Fisch ist immer der größte." Japanische Redensart

Ein Bibelvers - Jona 2,1

"Der Herr aber schickte einen großen Fisch, der Jona verschlang. Und Jona war drei Tage und drei Nächte lang im Bauch des Fisches."

Eine Anregung

Ich hatte gestern Vormittag reichlich Zeit, den Buntbarschen zuzuschauen, welche in der Patientenaufnahme des Kantonsspitals Frauenfeld in einem Aquarium herumschwammen. Ich wartete auf die Vorbesprechung einer Operation, die nächste Woche nötig wird.

Wie ich so den Fischen zuschaute, wie sie den Patienten zuschauten, meinte ich, Mitleid in ihren Blicken zu entdecken. Es gibt ja schon Zeiten, in denen ich gerne ein stummer Fisch wäre. Doch meist bin ich ganz zufrieden mit meiner menschlichen Existenz.

Übrigens: Diese Zuchtform des Kaiserbuntbarsches ist ein sogenannter Maulbrüter. Er gibt seinen Jungfischen Schutz in seinem Schlund. Bei aller Vaterliebe bin ich von Herzen froh, dass das bei uns Menschen anders ist. Ich würde ständig befürchten, mich und den Nachwuchs zu verschlucken.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 15. November 2024

Was ist denn das?

Ein Zitat

Ein seltsames Objekt steht im Garten eines Hauses im österreichischen Rankweil.
Foto © Jörg Niederer
"Mir ist lieber, in einer von Geheimnissen umgebenen Welt zu leben als in einer, die so klein ist, dass mein Verstand sie begreift." Ralph Waldo Emerson (1803-1882), US-amerikanischer Geistlicher

Ein Bibelvers - 1. Korinther 4,1

"Dafür soll man uns halten: für Diener von Christus und Verwalter von Gottes Geheimnissen."

Eine Anregung

Ich stehe vor einem Rätsel. Hätte ich doch nur vor Ort nachgefragt, was das für ein seltsames Ding ist. Es steht im Garten eines Einfamilienhauses im österreichischen Rankweil. 

Ist das ein Regenwassersammler? Die Bildsuche bei Google zeigt dazu lediglich Sirenenabdeckungen an. Das aber ist es bestimmt nicht, und auch keine Feng-Shui-Pollerleuchte. Eine überdimensionierte Vogeltränke kann es auch nicht sein. Vielleicht ein stillgelegter Decoständer für Blumen und Pflanzen. Es sieht nach UFO aus, aber zu fliegen scheint es nicht. Hat es etwas mit der Heizung zu tun? Versteckt sich da ein Horchposten ins All?

Also ich kann mir aus diesem Ding keinen Reim machen. Aber vielleicht weiss ja jemand von euch, was das sein könnte. Ich bin für alle Anregungen dankbar.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Donnerstag, 14. November 2024

Goldfarn

Ein Zitat

Ein Wedel des Gewöhnlichen Frauenfarns im Herbst von mir per Photoshop goldig eingefärbt.
Foto © Jörg Niederer
"Die Fälschung unterscheidet sich vom Original dadurch, dass sie echter aussieht." Ernst Bloch (1885-1977), Philosoph

Ein Bibelvers - Psalm 118,8

"Es ist besser, beim Herrn Zuflucht zu suchen, als sich auf Menschen zu verlassen."

Eine Anregung

Sein Geruch soll Flöhe vertreiben: Der Gewöhnliche Frauenfarn. Vor Jahren, in der Zeit der analogen Fotografie, lichtete ich im Herbst einen dürren Wedel ab, der auf dem entwickelten Bild durch den Blitzgebrauch silbrig aufleuchtete. Höchste Zeit einmal ein Farnwedel zu fotografieren, der goldig aus dem Waldgestrüpp hervorsticht. Auch diesmal entstand die überraschende Farbgebung beim Entwicklungsprozess, allerdings wie es sich gehört bei einer digitalen Belichtung, in Photoshop.

Ist das nun schöner als die Wirklichkeit? Wie heisst es doch: "Erlaubt ist, was gefällt".

Bekanntlicherweise wird nun aber in Goethes "Torquato Tasso" - von dort stammt diese Redensart - Tasso von Prinzessin Leonore von Este darauf hingewiesen, dass in der Wirklichkeit daran "ein einzig Wort" sich ändern muss, so dass es heisse: "Erlaubt ist, was sich ziemt"

Damit stellt sich die Frage nach der Moral. Darf gefallen, was sich nicht gehört?

Bei der Einfärbung einer Fotografie mag das ja noch angehen mit dem Gefallen. Doch wie ist das beispielsweise in der Politik. Wie viel Fälschung und Täuschung ist hier zulässig?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Mittwoch, 13. November 2024

Also sprach Bellavista

Ein Zitat

Kafi Sali beim Bahnhof Frauenfeld.
Foto © Jörg Niederer
"Fast jeder Mensch ist, wenn er mit anderen diskutiert, aufgrund eines Mangels an Vernunft völlig davon überzeugt, als einziger im Besitz der Wahrheit zu sein." Luciano de Crescenzo

Ein Bibelvers - Sprüche 14,23

"Wer viel arbeitet, wird für seine Mühe belohnt. Wer nur redet, hat nichts davon."

Eine Anregung

Heute Mittwoch, 08.30 Uhr: Die drei Methodistenpfarrer mit Wohnort Frauenfeld treffen sich im Kafi Sali zur Plauderstunde. Das geschieht so alle zwei, drei Monate. Ich bin auch dabei. Meine Krankschreibung sieht vor, dass ich mich bewege. Der Nierenstein soll herausgerüttelt werden. Darüber sprechen wir drei auch kurz bei Espresso und Gipfeli. Aber dann noch über vieles mehr, über Gottesdienste, über kirchliche Gemeinden und wie sie sich an ihrem Lebensende präsentieren, über die EU und die Schweiz, über 100 Weisen den Advent zu feiern, über die Pfarrversammlung, über die Zeitschrift "Kirche und Welt", über die USA und was uns da wohl blüht, über Deutschland und was uns da wohl blüht.

Mir kommt ein Buch von Luciano De Crescenzo in den Sinn: "Also sprach Bellavista". Beim Diogenes-Verlang wird der Inhalt so beschrieben: "Gennaro Bellavista, pensionierter Gymnasiallehrer, ist ein Weiser aus Napoli. Wie einst Sokrates auf dem Marktplatz von Athen, spricht er mit seinen Mitbürgern in Neapel: zu Salvatore, dem Hilfsportier, zu De Crescenzo, dem Ingenieur, zu Luigino, dem Hauspoeten, zum Dottore Palutto. (Donnerstags allerdings nicht, da bleibt er in seinem Bade- und Denkzimmer und empfängt keine Besucher.) Die Gespräche im Hause Bellavista drehen sich um Politik und Essen, um Anarchie und Müßiggang, finden statt zwischen Kabale und Kaffee. Sie sind bunt und voller Anekdoten, sind hochgradig unterhaltsam, und doch enthalten sie einen roten Faden: Bellavistas Theorie von den widerstrebenden Prinzipien der Liebe, die alles zusammenhält, und der Freiheit, die zum Auseinanderstreben drängt."

Nun frage ich mich: Wer von uns dreien hier im Frauenfelder Plauderzentrum ist Bellavista, und wer der Hilfsportier Salvatore?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Dienstag, 12. November 2024

Sichtbarkeit und Wirksamkeit

Ein Zitat

Von der Kirche von Teufen ragt nur die Spitze aus dem Nebelmeer, während die stillgelegte Methodistenkapelle ganz zu sehen ist.
Foto © Jörg Niederer
"Wie wolltest du dich unterwinden, / Kurzweg die Menschen zu ergründen. / Du kennst sie nur von aussenwärts. / Du siehst die Weste, nicht das Herz." Wilhelm Busch (1832-1908)

Ein Bibelvers - Offenbarung 7,9+10

"Danach sah ich eine große Menschenmenge, die niemand zählen konnte. Es waren Menschen aus allen Nationen, Stämmen und Völkern, Menschen aller Sprachen. Die standen vor dem Thron und vor dem Lamm. Sie trugen weisse Gewänder und hielten Palmzweige in ihren Händen. Und sie riefen mit lauter Stimme: 'Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm.'"

Eine Anregung

Von der Reformierten Kirche in Teufen ragt gerade noch die Turmspitze aus dem Nebelmeer. Auch zu sehen ist rechts auf dem Bild die ehemalige Kapelle der Methodisten. Heute befindet sich eine Wohnung in diesem Gebäude.

Paradox: Die Kirche, die man sieht, hat ihre einstige Funktion und Wirksamkeit verloren. Die andere Kirche, die scheinbar untergegangen ist, wird nach wie vor für das benutzt, wozu sie gebaut wurde; zur Sammlung der Glaubenden und zur Anbetung Gottes.

Der Nebel kann die Sicht nehmen, nicht aber die Wirkung. Darüber werde ich an diesem Tag nachdenken. 

Hier noch ein Hinweis für Schnellentschlossene. Heute besuchen wir eine Moschee. Frau Elvira Zukanovic wird uns das Gotteshaus der Bosnisch-islamischen Gemeinschaft in St. Gallen näher bringen. Treffpunkt ist um 14.50 Uhr bei der Stami an der Winkelbachstrasse 7 in der Stadt St. Gallen. Siehe dazu auch den Flyer!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Montag, 11. November 2024

Das kleine Wunder am Wegrand

Ein Zitat

Foto © Jörg Niederer
"Die Liebe ist wie der Tau, der auf Nesseln wie auf Lilien fällt." Schwedische Redewendung

Ein Bibelvers - 1. Mose 27,28

"Gott soll dir Tau vom Himmel schenken und deinem Boden Fruchtbarkeit, Korn und Wein im Überfluss!"

Eine Anregung

Das Foto ist im vernebelten Wald entstanden. Da gibt es diese Alltäglichkeiten, die bei genauerer Betrachtung trotz trüben Aussichten Freude bereiten. So wie die glitzernden Tautropfen auf Grashalmen. Man beachte, wie die kleinen, perfekt runden Tropfen auf feinen Härchen der Pflanze balancieren. Schon nur dies zu betrachten, tut gut.

Möge der heutige Tag und das, was wir erleben, uns allen gut tun. Im Kleinen, oder auch im Grossen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Sonntag, 10. November 2024

Ich bin fremd, nehmt ihr mich auf?

Ein Zitat

Die Kirche von Teufen versteckt sich im Nebelmeer.
Foto © Jörg Niederer
"Ich bin hier in einem fremden Land. Ich muss sehr vorsichtig sein und auf mich aufpassen. Ich habe kein Geld, um mich behandeln zu lassen." Aus Venezuela nach Chile geflüchtete Maria Cedeno in einem Beitrag auf SRF

Ein Bibelvers - Lukas 10,33+34

"Aber dann kam ein Samariter dorthin, der auf der Reise war. Als er den Verwundeten sah, hatte er Mitleid mit ihm. Er ging zu ihm hin, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn in ein Gasthaus und pflegte ihn."

Eine Anregung

Die Kirche in Teufen taucht immer wieder einmal aus dem Nebel auf, um dann erneut fast ganz zu verschwinden.

Hast du heute schon mehr von deiner Kirche gesehen? Zum Beispiel auf dem Weg zum Gottesdienst.

In der Methodistenkirche St. Gallen treffen sich an diesem Sonntag um 10.30 Uhr Menschen aus fünf verschiedenen Gemeinden, um gemeinsam der Frage nachzugehen: "Ich bin fremd, nehmt ihr mich auf?" (Flyer).

Musikalisch wird Singer-Songwriter Carsten Dahmann auftreten. Von Connexio dem Hilfswerk der Methodistenkirche, werden gleich vier Fachleute dabei sein: Geschäftsführer Ulrich Bachmann; Monika und David Brenner - sie haben mehrere Jahre in Südamerika gewirkt; und Nicole Gutknecht, Fachfrau für Begegnungen und Kommunikation.

Der Morgen beginnt mit einen inspirierenden Gottesdienst. Nach dem selbst mitgebrachten Mittagessen und dem offerierten Dessert gibt es vier spannende Workshops. Der Anlass endet um ca. 15.00 Uhr.

Die Methodistenkirche findest du an der Kapellenstrasse 6 in St. Gallen. Wir freuen uns auf alle Teilnehmenden.

Am Anlass wird eine Kollekte erhoben, welche bestimmt ist für die "Zukunft für Migrant:innen in Chile".

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Samstag, 9. November 2024

Parkplatz Beerdigung

Ein Zitat

Bei Adelboden Oey steht das Vogellisi auf dem kleinen Kreisel, gemeinsam mit einem Wegweiser zu einer Beerdigung.
Foto © Jörg Niederer
"Das Leben ist kein Parkplatz." Titel eines Buches von Dir Rühl

Ein Bibelvers - 1. Mose 24,56

"Haltet mich nicht auf! Der Herr hat meiner Reise Erfolg geschenkt. Lasst mich ziehen! Ich muss zurück zu meinem Herrn."

Eine Anregung

Von der legendären Adelbodner Persönlichkeit Vogellisi habe ich auch schon geschrieben. An dem Tag, an dem ich diesmal das Kreiseldenkmal bei Oey fotografiert habe, weist dort ein Wegweiser zur Beerdigung. 

"Beerdigung Vogellisi", wie soll ich das nun verstehen? Wird das Vogellisi beerdigt? Der Blick der Holzskulptur weist zum Himmel. Soll das eine Anspielung sein, dass wer auf dem Friedhof landet, zugleich Himmelsaussichten hat? Auch möglich: Soll ich den leicht nach unten zeigenden Wegweiser zur Beerdigung gleich dem Vogellisi nicht weiter beachten, und statt dessen den Blick zu den Bergen erheben? 

Friedhof und Freiheit beginnen beide mit dem selben Buchstaben. Was will mir das sagen?

Nun geht es in der Folge dieses Schilds ja gar nicht zum Friedhof, sondern zum Beerdigungsparklatz. Die Beerdigung als Parkplatz? Die Gräber als letzte Parkfelder des Lebens?

Zuletzt: Sind das jetzt ernst zu nehmende Fragen, oder Gedankenspielereien, die ich schnell wieder vergessen kann?

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 8. November 2024

Farbverteilung

Ein Zitat

Bildschirmhintergrund auf dem Computer eines Pfarrkollegen.
Foto © Jörg Niederer
"Ich könnte jemanden mitten auf der 5th Avenue in New York erschiessen und doch keine Wähler verlieren. Ist das nicht unglaublich?" Donald J. Trump

Ein Bibelvers - 1. Timotheus 2,2

"Betet auch für die Könige und alle übrigen Machthaber. Denn wir wollen ein ruhiges und stilles Leben führen – in ungehinderter Ausübung unseres Glaubens und in Würde."

Eine Anregung

Das Foto zeigt den Bildschirm-Hintergrund eines Kollegen. Immer wieder ist er auf dem Beamer zu sehen, an diesem Tag nach den Wahlen in den USA. Viel Rot, wenig Blau. Unwillkürlich denke ich an die Verteilung der Wahlergebnisse auf die verschiedenen Bundesstaaten der USA: viele rote, republikanische Bundesstaaten, einige blaue, demokratische.

In ungefähr der selben Zeit lese ich das folgende Gebet, geschrieben von der Präsidentin des GBCS (General Board of Church and Society) und Pfarrerin Allison Mark, sowie dem Generalsekretär des GBCS Bischof Julius C. Trimble:

"Geist des lebendigen Gottes, leite uns auf dem Weg des Friedens, halte uns auf dem Pfad der Gerechtigkeit und dem Weg der Liebe für die ganze Menschheitsfamilie.

Wir beten für diejenigen, die heute weinen, da unsere Wahlen Gewinner und Verlierer kennen.

Die Hoffnung auf ein solidarischeres und geeinteres Land bleibt unser Gebet, und dass das Evangelium und die Kirche Heilung und Hilfe für die bringen, die es am Nötigsten haben."

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen 

Donnerstag, 7. November 2024

Eine Kerze anzünden

Kerzenbilder am Fenster des Tagungsraums können symbolisch mit Flammenbildern angezündet werden.
Foto © Jörg Niederer
Ein Zitat

"Zwei Kerzen unterhalten sich: 'Ist Wasser eigentlich gefährlich?' 'Davon kannste ausgehen.'"


Ein Bibelvers - 2. Samuel 22,29

"Ja, du selbst, Herr, bringst Licht in mein Leben. Der Herr macht alles Dunkle um mich hell."

Eine Anregung

In einer Kirche eine Kerze anzünden um an einen lieben Menschen zu denken und für ihn zu beten, ist ein schöner Brauch. Pfarrerin Nicole Becher hat am Tagungsort der Pfarrversammlung der Evangelisch-methodistischen Kirche genau das auf originelle Weise umgesetzt.

An den Fenstern wurden Kerzen ohne Flammen aus transparentem Material aufgeklebt. Die Flammen selbst sind ebenfalls aus diesem transparenten Material und liegen in einer Schale bereit. Mit ihnen können nun die Kerzen entzündet werden, indem eine bildliche Flamme an der richtigen Stelle bei einer der Kerzen angebracht wird.

Viele der Pfarrpersonen haben auf diese Weise eine Kerze angezündet und damit Gebetsanliegen sichtbar gemacht. Ich finde, das ist eine sehr schöne Umsetzung dieses alten Brauchs, in einer frischer neuer Weise.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Mittwoch, 6. November 2024

Update Neues Testament

Ein Zitat

Voller (Körper-)Einsatz durch Professor Dr. Christoph Schluep an der Pfarrweiterbildung der Evangelisch-methodistischen Kirche in Adelboden.
Foto © Jörg Niederer
"'Lieber eine offensive und streitlustige Kirche sein, als eine, die schiedlich-friedlich, saft- und kraftlos vor sich hinsiecht.' Lieber auch mal anecken als abgerundet und konfliktscheu niemandem zu nahe zu treten. 'Und bitte: Bloß nicht harmlos sein!'" Professor Dr. Christoph Schluep, zitiert von Klaus Ulrich Ruof

Ein Bibelvers - Markus 10,45

"Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen. Im Gegenteil: Er ist gekommen, um anderen zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele Menschen."

Eine Anregung

Er ist ein begeisternder Redner und eigenwilliger Neutestamentler. Professor Dr. Christoph Schluep unterrichten an der Theologischen Hochschule Reutlingen. Der Schweizer, der 20 Jahre lang in Zürich 4 eine methodistische Gemeinde geleitet hat, ist der Redner an der Pfarrweiterbildung der Evangelisch-methodistischen Kirche, die vom 4.-7. November im Hotel Alpina Adelboden durchgeführt wird. Es geht um ein "Update Neues Testament"

Der unterhaltsame Vortragsstil des Gastredners bedeutet nicht, dass Schluep dabei nicht tief schürft. Das gilt sowohl bei der Frage, ob es Jesus überhaupt gegeben habe als irdische Person, wie auch bei den Überlegungen zum Verständnis von Jesu Tod im Neuen Testament.

An dieser Stelle gebe ich einige Aussagen und Gedankenschnipsel weiter vom gestrigen Tag. Es sind keine genauen Zitate, aber doch nahe an den Aussagen von Christoph Schluep. 

  • Jesus wurde Mensch, und nicht Mann. 
  • Muss ich an das Aussehen von Jesus glauben, um an ihn zu glauben?
  • Josef, der Vater von Jesus, hätte zu seiner Zeit das Recht gehabt, Sklaven zu halten.
  • Ist Gott Sklave seiner Gerechtigkeit?
  • Weil Gott liebt, lässt er zu, dass die Menschen seinen Sohn umbringen, und nicht: Weil Gott seinen Sohn umbringt, liebt er die Menschen.
  • Das Phänomen der Schuld bleibt, auch wenn wir nicht darüber sprechen wollen.
  • Könnte Gott nicht zornig sein, könnte er auch nicht lieben. Er wäre gefühlskalt.
  • Gott hat für sich das Problem der Versöhnung gelöst. Wenn, dann brauchen wir noch eine Lösung dafür.
  • Gott kennt die Gefangenschaft. Aber er will sie nicht. Er will die Freiheit und nicht die Versklavung.
  • Der Weg des Menschen ist ein Highway to Hell. Deshalb stirbt Gott, damit er als Christus auch dorthin gelangt, wo es uns Menschen im schlimmsten Fall hinverschlägt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Dienstag, 5. November 2024

Kolkrabe

Ein Zitat

Ein Trupp Kolkraben vergnügt sich unweit der Paspels-Baggerseen und lässt mich nahe herankommen.
Foto © Jörg Niederer
"Man findet eher einen weissen Raben, einen beherzten Schwaben, trocknes Wasser, einen mässigen Prasser, einen schwarzen Schimmel, einen viereckigen Himmel, bei den Schnecken das Blut, als einen Geizhals, der Gutes thut." Deutsches Sprichwort

Ein Bibelvers - Psalm 147,7+9

"Singt dem Herrn beim Dankopfer ein Lied! Musiziert für unseren Gott mit der Leier! ... Den Tieren gibt er genug zu fressen. Krächzen die jungen Raben, füttert er sie."

Eine Anregung

Bei den Paspels-Baggerseen unweit von Rankweil im Vorarlberg höre ich sie. Kolkraben melden sich mit ihrer typischen Bassstimme, diesem gurgelnden Kroaa. Zwei entdecke ich auf einer hohen Tanne. Andere auf dem entfernten Kieswerkareal antworten ihnen. Etwas weiter sind noch mehr dieser grössten Singvögel bei ihren Flugkünsten zu bewundern. Spielerisch jagen sie einander nach, überschlagen sich in der Luft, freuen sich sichtlich am Leben. Es ist ein ganzer Trupp, wohl noch Jungtiere. Man findet sie so zahlreich da, wo es offene Kehrichtdeponien gibt. Doch solche sind hier nicht auszumachen.

Manche der grossen Vögel lassen mich erstaunlich nahe herankommen, achten aber unablässig auf alle meine Bewegungen. Komme ich näher, hüpfen sie etwa die gleiche Distanz wieder von mir weg. Rabenkrähen mischen sich unter sie, und auch eine Nebelkrähe ist zu hören.

Später werde ich es bedauern, dass ich sie nicht mit den Teleobjektiv fotografiert habe. Wann wohl werde ich das nächsten mal wieder an die sonst eigentlich scheuen Tiere so nahe herankommen? Dann ziehe ich weiter auf dem Jakobsweg.

Hinter mir singen die Kolkraben ihre in ihren Ohren wohl wunderbaren, auf mich schaurig wirkenden Lieder.

Zu Kolkraben siehe auch den Beitrag vom 12. Oktober 2022!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Montag, 4. November 2024

Das Leuchten der Verstorbenen

Ein Zitat

Einsicht in das Beinhaus Rankweil mit Kunstinstallation von Paul Renner.
Foto © Jörg Niederer
"Gewalt ist ein Aspekt, der in meiner Arbeit sehr wichtig ist, da ich sie nicht hofiere oder auch metaphorisch behandle - ich zeige sie." Paul Renner (*1957)

Ein Bibelvers - Jesaja 66,14

"Ihr werdet das sehen und euer Herz wird jubeln und eure Knochen werden sprossen wie frisches Grün. So offenbart sich die Hand des HERRN an seinen Knechten, aber er ergrimmt gegen seine Feinde."

Eine Anregung

Am Samstag beendete ich meine Reise auf dem Appenzellerweg, einem Seitenast des Jakobswegs, indem ich von Rankweil zum Hirschsprung pilgerte.

Den Anfang nahm die Reise bei der Kirche St. Peter in Rankweil. Sie ist eine der ältesten Gotteshäuser im Vorarlberg. Urkundlich erwähnt ist deren Vorgängerbau 842 als Herrenhofkirche. Ab dem 7. Januar 1125 bis zur Enteignung des Schweizer Klosters gemäss Reichsdeputationsbeschluss vom 25. Februar 1803 gehörte St. Peter dem Augustiner-Chorherrenstift in Kreuzlingen. Heute ist die Kirche St. Peter eine Pfarrkirche.

Neben diesem Gotteshaus befindet sich der Friedhof und ein zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbautes schlichtes Beinhaus. Noch im Frühjahr 2024 präsentierte sich das Beinhaus als Nutzraum. Die Gebeine der Verstorbenen waren dort nach Knochenart sortiert auf Gestellen gelagert (so sah es früher aus) und frei zugänglich. Seit dem 14. und 15. Juni 2024 findet man das Beinhaus eindrücklich umgebaut. Die Gebeine wurden nicht entfernt wie aus vielen anderen Beinhäusern, sondern geschützt durch Glasscheiben den Besuchenden präsentiert, kombiniert mit einer eindrücklichen Kunst- und Lichtinstallation des international bekannten Vorarlberger Künstlers Paul Renner. Er arbeitet oft mit Lebensmitteln, etwa mit Bienenwaben, welche er zu essbaren Wandbildern umgestaltet. In einem kurzen Video vom ORF wird Paul Renner portraitiert (Achtung, das Video enthält Schlachtungen von Tieren).

Die bernsteinfarbigen Bodenelemente erinnern denn auch an den goldigen Honig der Bienen. Im Beinhaus lese ich dazu: "Das historische Beinhaus wurde durch DI Bernhard Wüst (Architektur) und Paul Renner (Kunst) in einen Raum des Lebens und des Lichts transformiert. Die vertikal angeordneten Gebeine werden mit zwei Lichtquellen bestrahlt. Die untere dringt durch eine mit Harzen und Sedimenten belegte Glasplatte, die obere ist rein weiss. diese Lichtführung verweist auf die Spannung zwischen irdischer Vergänglichkeit und göttlicher Auferstehung." 

Für mich ist das die eindrücklichste Umgestaltung eines Beinhauses, die ich bisher gesehen habe. Sie geht teilweise auf Kosten der historischen Funktionalität des Gebäudes, bringt die Form der Bestattung nach der Bestattung aber auch Menschen von heute nahe. 

Mich liess der neu gestaltete Raum auf meinem Weg von Österreich in die Schweiz nachdenken über das Leben, den Tod und die Hoffnung. Gute Pilgergedanken, finde ich. 

Siehe dazu auch meine Beiträge vom 17. März 2022 (Solferino) und 25. Juli 2023 (Leuk)!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Sonntag, 3. November 2024

Das Leuchten des Herbstes

Ein Zitat

Eine späte, taugenässte Sonnenblume blüht dem Winter entgegen.
Foto © Jörg Niederer
"Wenn es mir schlecht geht, alles scheinbar dunkel um mich herum ist, hilft es mir, an das zu denken, was gut und licht in einem Leben war und ist." Karin Dembek

Ein Bibelvers - Psalm 103,2

"Lobe den Herrn, meine Seele! Und vergiss nicht das Gute, das er für dich getan hat!"

Eine Anregung

Gestern drang vier-, fünfmal das Licht der Sonne durch den Nebel hindurch. Nur kurze Zeit. Nicht da, wo ich meines Weges zog.

Doch dann leuchtete mir eine andere Sonne. Die taunasse Lichtrose, unter dem Strahlen früherer Sternstunden erblüht, lachte über den Nebel, dem es nicht gelingen wollte, sie vor meinen Blicken zu verbergen. Sonnenblumenleuchten.

Da gibt es diese heiteren Momente in unserem Leben. Sie leuchten auch noch Jahr später in unserer Erinnerung auf und tun uns unsäglich gut. Gerade dann, wenn es dunkel geworden ist. Darum: "Vergiss nicht das Gute." Gott hat es für dich getan.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Samstag, 2. November 2024

Reformationseiferer

Ein Zitat

Die Reformatoren Guillaume Farel, Johannes Calvin, Théodore de Bèze und John Knox, dargestellt am Reformationsdenkmal in Genf.
Foto © Jörg Niederer
"Zwingli tut nichts gegen die nun einsetzenden Verfolgungen der Täufer und lässt es sogar zu, dass sein ehemaliger Freund Balthasar Hubmaier eingekerkert und 1528 als Ketzer verbrannt wird." Joachim Hildebrandt

Ein Bibelvers - Epheser 2,8

"Denn aus Gnade seid ihr gerettet – durch den Glauben. Das verdankt ihr nicht eurer eigenen Kraft, sondern es ist Gottes Geschenk."

Eine Anregung

Der November beginnt immer mit dem Reformationssonntag. Besonders in evangelischen Kirchen wird dieser Tag begangen. Seit einigen Jahren frage ich mich, ob das wirklich ein feiernswerter Tag ist. Wenn ich mir so die Folgen der Reformation vergegenwärtige, dann wird mir bewusst, dass es kaum einen Reformator gibt, der nicht in irgendeiner Weise Blut vergossen hat. Während der Reformation kam es zu Kriegen, politischen Ränkespielen, religiös begründeten Vertreibungen, Zerstörungen von religiöser Kunst, Hinrichtungen von Andersdenkenden, Gesetzlichkeit und Rechthaberei. Selbst im evangelischen Lager zerstritt man sich untereinander und bekämpfte sich aufgrund spitzfindiger theologischer Differenzen.

Zugleich ermöglichte die Reformation aber auch, dass die Menschen erstmals selbst die Bibel lesen und auslegen konnten. Auch entstanden in deren Folge moderne Demokratien, Skeptizismus, Kapitalismus, Individualismus, die Bürgerrechte und damit auch die Religionsfreiheit, die es vor 250 Jahren ermöglichte, dass die methodistische Bewegung auch ausserhalb der Vereinigten Staaten und angelsächsischen Gebieten dauerhaft Fuss fassen konnte. Ohne die Reformation gäbe es keine methodistische Kirche in der Schweiz und andernorts. 

Also doch ein Glücksfall, dass es die Reformation gab? 

Die Reformation als friedliche Bewegung wäre mir lieber gewesen. Doch das war sie nun einmal nicht. So gesehen ist der Reformationssonntag für mich ein Dank- und Trauertag. Beides. So wie auch die ganze Geschichte der Christenheit beides kennt: Die Freude über die Geburt von Jesus Christus genauso wie die Klage über die Kreuzigung des Gottessohns.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 1. November 2024

Halloween, Allerheiligen und die Eichenborke

Ein Zitat

Borke einer Stieleiche im Güttinger Eichenwald.
Foto © Jörg Niederer
"Die Hintergrundfolie von Allerheiligen ist die sterbende Natur, durch die die ewige Welt der Heiligen sichtbar wird." Manfred Becker-Huberti, Theologe

Ein Bibelvers - 1. Korinther 1,2

"An die Gemeinde Gottes in Korinth: An euch, die ihr heilig geworden seid durch die Verbundenheit mit Christus Jesus. Zu Heiligen seid ihr berufen mit allen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen – überall auf der Welt, hier wie anderswo."

Eine Anregung

All Hallows’ Eve (= Abend vor Allerheiligen) - Allerheiligen - Allerseelen: Manchenorts ist die Reihenfolge der Feiertage vom 31. Oktober bis 2. November genau so. 

Es ist eine Zeit der krassen Übergänge. An Halloween werden die möglichen Schrecken des Todes erinnert. Tags darauf stehen die Heiligen im Mittelpunkt, welche die Schrecken der irdischen Zeit siegreich überwunden haben. An Allerseelen wiederum wird an all die anderen Verstorbenen dazwischen erinnert, jene, die weder verdorben noch heilig sind.

Zwischen "schrecklich" und "gewöhnlich" liegt also "heilig". Zwischen Halloween und Allerseelen findet sich ein Tag aller Heiligen.

Jüngst fragte mich jemand, wer heilig sei. Es komme darauf an, antwortete ich. In den evangelischen Kirchen sind alle Christinnen und Christen Heilige, ganz im Sinn der Anrede von Paulus in manchen seiner Briefe. In der katholischen Kirche dagegen bezeichnet man mit den "Heiligen" besonders herausragende, beispielhafte Menschen. Diese haben den Schrecken, wie er an Halloween nachgestellt wird, als Märtyrer am eigenen Leib erfahren und sind doch standhaft in ihrem Glauben geblieben.

Mein Leiden an Halloween dagegen ist banal. Mir geht die Klingelei an der Haustür auf den Geist. Mit Allerheiligen kehrt dann wieder Ruhe ein.

Allerheiligen. Mir gefällt der Vergleich von Manfred Becker-Huberti, der Allerheiligen und die sterbende Natur des Herbstes miteinander in Zusammenhang bringt. Tod und Leben begegnen sich. Wie bei der Borke einer alten Eiche im Güttinger Eichenwald. Zerfurcht und tief eingegraben, aufgeplatzt und vernarbt. Fratzengleich birgt sie unter sich Kanäle voller Vitalität, welche jeden Tag das Leben des alten Baumes sichern. Doch auch selbst wird die Borke zum Substrat, in der sich die geheimen Plagegeister der Insektenwelt ansiedeln und auf der Flechten unreiner Haut gleich flecken. Die Borke; das Halloween-Gesicht des Baums.

Schade, dass die Borke nicht an der Haustür klingelt!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen