Ein Zitat
"Die Belohnung für Geduld ist Geduld." Augustinus von Hippo (354-430)Foto © Jörg Niederer
Ein Bibelvers - 1. Thessalonicher 5,14
"Ermutigt die Ängstlichen, kümmert euch um die Schwachen, und habt Geduld mit allen."
Eine Anregung
Es gibt Redensarten, die man immer in ganz bestimmten Momenten zitiert. "Es kommt immer alles zusammen!", wäre so eine. Oder "Wenn schlecht, dann aber richtig!" Auch: "Ein Unglück kommt selten allein."
Letzteres führte vor einigen Tagen dazu, dass ich vorerst am Bahnhof Zürich-Oerlikon strandete. An dem Ort, an dem sich eine Mitreisende bitte beklagte: "Also das ist das letzte Mal, dass ich mit der Bahn gefahren bin."
Nun kann man gegen die Schweizerischen Bundesbahnen eigentlich nur wenig sagen. Vielleicht, dass sie beim Ländervergleich nur den dritten Platz in Sachen Pünktlichkeit einnehmen. Wie aber ist es dazu gekommen, dass ich für einmal an einem Ort ausstieg, wo ich gar nicht hinwollte?
Es begannt schon bei der Abfahrt in Frauenfeld. Der Schnellzug hatte wegen eines anderen Zugs zehn Minuten Verspätung. Zuviel, um den Anschlusszug in Zürich zu erreichen. Doch meist holt die Bahn auf den gut 60 Kilometern den Rückstand wieder auf. Diesmal nicht. So entschied ich mich, bereits in Zürich-Flughafen die Bahn zu wechseln. In der sich vor dem Ausstieg bildenden Schlange schnorrte ich mich bis zur Zugstüre durch, nur um beim Einfahren in den Bahnhof zu sehen, wie sich der Anschlusszug ohne mich in Bewegung setzte. Also nach einem kurzen Augenblick auf dem Perron wieder zurück an meinen bisherigen Sitzplatz im gut gefüllten Zug.
"Steige ich halt in Zürich in einen späteren Zug um", dachte ich, und vertiefte mich wieder in mein Buch. Bis Zürich-Oerlikon ging es dann auch leidlich weiter. Doch dort auf dem Bahnhof war Endstation. An Aussteigen war nicht zu denken, blieben die Türen doch verschlossen. Bei der Durchsage meinte der Zugsbegleiter: "Zu all den Problemen die wir sonst schon haben, ist nun noch eine Türstörung hinzugekommen. Wir sind dabei, das Problem zu beheben. Bitte steigen sie aus Sicherheitsgründen nicht aus." Letzteres war eine überflüssige Warnung, was aber Fahrgäste nicht daran hinderte, es dennoch zu versuchen. Durchs Fenster beobachtete ich, wie ein Zug nach dem andern sich Richtung Zürich in Bewegung setzte. Nur wir blieben, wo wir waren. Eine halbe Stunde später dann erneut eine Durchsage: "Das Problem mit der Tür konnte nicht gelöst werden. Der Zug kann nicht mehr weiterfahren. Bitte steigen Sie alle aus. Wir bitten Sie für die Unannehmlichkeiten um Verzeihung."
Was also tun, bis zur Weiterfahrt 40 Minuten später mit einem hoffentlich besser funktionierenden Schienenfahrzeug? "Tee trinken und abwarten", hätte der Brite gesagt. Ich dagegen habe mich für Kaffee entschieden und für neugierige Blicke auf das Treiben am Bahnhof Oerlikon. Dort ist mir noch eine andere Redensart eingefallen: "Es kommt, wies kommt." Dann dachte ich an die Staustunden der Autofahrenden, und übte mich für einmal in bahnverursachter Geduld.
Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen