Montag, 7. Juli 2025

Leider doch

Ein Zitat

Plakat am Bahnhof Weinfelden gegen Rassismus und Antisemitismus: "Nicht bei uns!"
Foto © Jörg Niederer
"Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeitenden vor rassistischer Belästigung zu schützen." Giulia Reimann von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus

Ein Bibelvers - Sacharja 7,10

"Unterdrückt nicht Witwen und Waisen, Fremde und Arme! Plant nichts Böses gegeneinander!"

Eine Anregung

Gestern habe ich in der Sonntagszeitung gelesen, dass von 1000 Befragten 35% angegeben haben, dass sie in ihrer Ausbildung Rassismus erlebt haben, davon eine von zehn Person wiederholte Male. Die Studienautorin Félicia Fasel sagt: "Rassismus ist nicht die Ausnahme, sondern ein gesellschaftliches und strukturelles Phänomen." Besonders betroffen sind Jugendliche, die mit der Kundschaft oder mit Patient:innen in Kontakt kommen. Jugendliche mit dunkler Hautfarbe oder ausländischem Namen sind stärker betroffen.

Gerade auch ältere Menschen sind in Sachen Fremdenfeindlichkeit oft wenig sensibel. Ich erinnere mich an eine hundertjährige Bewohnerin eines Mietshauses, welche sich über einen dunkelhäutigen Mieter beschwerte, und ihn aggressiv als N* bezeichnete und mit der Polizei drohte.

Ebenfalls in der Sonntagszeitung lese ich in einem anderen Artikel davon, dass ausländische Mieterinnen und Mieter viel mehr für ihre Wohnung bezahlen müssen als Schweizer:innen. Im Artikel kommen die Autoren Andreas Tobler, Paul Ronga und Svenson Cornehls zum Schluss: "Eine ausländische Staatsbürgerschaft, fehlende sprachliche Kompetenzen oder das Aussehen können in der Schweiz dazu führen, dass jemand Wohnungen nicht erhält oder auf eine kleinere Auswahl Wohnungen zugreifen kann, also diskriminiert wird und deshalb gezwungen ist, eine teurere Wohnung zu nehmen."

An der Tagung der Jährlichen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche Schweiz-Frankreich-Nordafrika hatte ein Passus der zu ratifizierenden Änderungen in der Verfassung über "...weisse Privilegien, weisse Vorherrschaft" zu reden gegeben. Es wurde moniert, dass es nicht nur weissen Rassismus gäbe. Mir scheint, dass allein schon die oben erwähnten Beispiele genügend aufzeigen, wie diese Vorstellung, dass wir weissen Einheimischen aus irgendeinem unerklärlichen, irrationalen Grund besser sind als die andern, immer noch oder wieder neu das Denken und Handeln in der Gesellschaft bestimmen.

Dagegen spricht sich die weltweite Evangelisch-methodistische Kirche in den neuen Sozialen Grundsätzen 2024 deutlich und klar aus. Da heisst es: "Wir verurteilen Rassismus, Antisemitismus, Ethnozentrismus und Tribalismus sowie jegliche Ideologie oder gesellschaftliche Praxis, die von der falschen und irreführenden Annahme oder Idee ausgeht, dass eine Gruppe von Menschen allen anderen Gruppen von Menschen überlegen ist."

Also in dieser Sache haben wir in der Schweiz noch einiges zu tun. Als Christinnen und Christen, welche daran glauben, dass Gott alle Menschen geschaffen hat und liebt, sind wir besonders gefordert, allen mit dem gleichen Respekt und der gleichen Sensibilität zu begegnen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

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