Freitag, 19. April 2024

Tag 1 an der Generalkonferenz

Ein Zitat

Mein erster Videobeitrag zur Generalkonferenz erfolgt leider von zuhause.
Foto © Jörg Niederer
"Gott führt mich durch alle Umstände, um mir zu helfen meine Berufung zu erreichen." Aus: A GUIDE TO PRAYER for The United Methodist Church General Conference

Ein Bibelvers - 1. Petrus 5,6+7

"Beugt euch also demütig unter Gottes starke Hand. Dann wird er euch groß machen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch."

Eine Anregung

Mit dem heutigen Tag beginnt für die Delegierten aus den Zentralkonferenzen die Generalkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche in Charlotte, North Carolina. Der alle vier Jahre stattfindende Grossanlass wird allerdings nicht als Generalkonferenz 2024 geführt, sondern als Generalkonferenz 2020. Wegen Corona ausgefallen ist es nun endlich nach vier Jahren möglich, diese Konferenz mit rund 1000 Beauftragten aus aller Welt nachzuholen.

Als pastoraler Delegierter der Jährlichen Konferenz Schweiz-Frankreich-Nordafrika sollte auch ich ab heute in Charlotte sein. Doch Rückenbeschwerden mit schmerzhaften Ausstrahlungen ins linke Bein haben es unmöglich gemacht, gestern per Flug anzureisen. So bin ich noch in der Schweiz und tue alles, dass ich dann wenigstens zur zweiten Konferenzwoche am kommenden Freitag hinreisen kann.

Wer sich über die Generalkonferenz erkundigen möchte, hat dazu in englischer oder französischer Sprache verschiedenste Möglichkeiten. Sehr hilfreich ist der Generalkonferenz-Guide. Darin findet man z.B. die zahlenmässige Zusammensetzung der Delegationen, aber auch die Vorgehensweise der Generalkonferenz und die wichtigsten Themen, die beraten werden. 

Ab dem 23. April sind auch Livestreams von der Generalkonferenz vorgesehen. Da werde ich bestimmt hineinschauen.

Von der Kommunikationsabteilung der EMK Schweiz wurde ich angefragt, ob ich von der Generalkonferenz täglich mit einem persönlichen Videobeitrag berichten könnte. Damit das in einer Woche dann auch klappt, habe ich heute einen entsprechenden Beitrag probeweise erstellt, den ihr hier anschauen könnt.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Donnerstag, 18. April 2024

Bischöfliche Amtszeitbeschränkung

Ein Zitat

Bischöfe der Evangelisch-methodistischen Kirche ziehen beim Gottesdienst zur Weihe von Bischof Stefan Zürcher ins Basler Münster ein.
Foto © Jörg Niederer
"Ein Bischof/eine Bischöfin im Ruhestand bleibt Bischof/Bischöfin der Kirche." Kirchenordnung der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa, Art. 410.

Ein Bibelvers - Titus 1,7+8

"Denn ein Bischof soll untadelig sein als ein Haushalter Gottes, nicht eigensinnig, nicht jähzornig, kein Säufer, nicht gewalttätig, nicht schändlichen Gewinn suchen; sondern gastfrei, gütig, besonnen, gerecht, heilig, beherrscht..."

Eine Anregung

In Krisenzeiten stellt sich immer auch wieder die Machtfrage. So ist es nicht verwunderlich, dass anlässlich der Spaltung der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) die Frage nach der Amtsdauer von Bischöfinnen und Bischöfen gleich mehrfach mittels Anträgen an die Generalkonferenz thematisiert wird.

In den Vereinigten Staaten werden Bischöfe in der Regel nach einer 4-jährigen Amtszeit auf Lebenszeit gewählt. Wie Pfarrpersonen erhalten sie periodisch neue Beauftragungen. Sie unterstehen also auch als Bischöfe dem Dienstzuweisungssystem. In Europa ist dies aufgrund der politischen, sozialen und kirchlichen Situation - die EMK ist in allen Ländern eine kleine Diasporakirche und es gibt nur vier Bischofsgebiete - nicht möglich. Daher kennt nur die Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa eine lebenslange Amtszeit nach amerikanischen Modus. Alle anderen Bischöfe unterstehen einer Amtszeitbeschränkung von üblicherweise 8 oder 12 Jahren.

In einer Nation, in der selbst der politische Präsident eine maximale Amtszeit von zweimal 4 Jahren kennt, ist es schon erstaunlich, dass Bischöfinnen und Bischöfe einer Mainline-Kirche auf Lebzeiten gewählt werden. Dagegen regt sich nun Wiederstand. In den entsprechenden Anträgen geht es um eine Beschränkung auf 8 oder 12 Jahren, und zwar für alle Bischöfinnen und Bischöfe weltweit. Begründet wird dies auf verschiedene Weise. So wird das Bischofsamt lediglich als spezielle Beauftragung gesehen. Auch Bischöfinnen und Bischöfe bleiben zuerst ordinierte Älteste und sollten daher auch nicht auf Dauer im bischöflichen Amt verbleiben. Weiter werde auf diesem Weg die Möglichkeit geschaffen, dass neue, unverbrauchte Kräfte als Bischöfinnen und Bischöfe nachrücken könnten. Vermutlich wäre es auch ein Weg, wie die Zahl der Bischöfinnen und Bischöfe in den USA an die deutlich kleiner gewordene Kirche angepasst werden könnte. Zuletzt spielt sicher auch das Misstrauen gegenüber dem Bischofskollegium eine gewisse Rolle, und der Wunsch, als schwierig erlebte Bischöfinnen und Bischöfe in absehbarer Zeit wieder los werden zu können.

Wie auch immer die Generalkonferenz diese Anträge aufnehmen wird, für den in der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa aktuell amtierenden Bischof Stefan Zürcher wird es kaum Auswirkungen haben, da er bereits in acht Jahren sein Pensionsalter erreichen würde. Seine aktive Amtszeit wird voraussichtlich 10 Jahre umfassen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Mittwoch, 17. April 2024

Geldsorgen

Ein Zitat

Ein frühes Digitalfoto des Alfa-Zentrums in der Stadt Bern.
Foto © Jörg Niederer
"Die Abteilung für bischöfliche Dienste unterstützt etwa 165 aktive und pensionierte Bischöfe [der Evangelisch-methodistischen Kirche] in fünf Jurisdiktionen (USA), in den Zentralkonferenzen sowie deren überlebenden EhepartnerInnen." General Council on Finance and Administration (GCFA)

Ein Bibelvers - Lukas 14,28

"Stellt euch vor: Einer von euch will einen Turm bauen. Setzt er sich dann nicht als Erstes hin, berechnet die Kosten und prüft, ob sein Geld reicht?"

Eine Anregung

CVB Buch+Druck, Hotel Viktoria Hasliberg, Alfa-Zentrum Bern; drei einstige methodistische Werke, die in Geldnot gekommen, heute nicht mehr zur Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz gehören oder liquidiert werden mussten. 

Was die Methodistenkirche in der Schweiz vor Jahren durchgemacht hatte, könnte in den kommenden vier Jahren der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche drohen. An der Generalkonferenz vom 23. April - 3. Mai in Charlotte, North Carolina stehen Kürzungen des Budgets von 43% in den USA an, und bei den Zentralkonferenzen ausserhalb der USA von 10%.

Es gibt klare Ursachen. Einmal ist es die Corona-Pandemie, welche in den USA dazu geführt hat, dass gut 5% aller methodistischen Gemeinden schliessen mussten. Stärker ins Gewicht fällt aber die Abspaltung von in den Fragen der menschlichen Sexualität traditionell denken Kirchgemeinden von der Evangelisch-methodistischen Kirche. 25% der Gemeinden haben sich entweder selbstständig gemacht oder der neuen Global Methodist Church angeschlossen. Dazu konnten sie von einem vereinfachten Verfahren profitieren, welches an der ausserordentlichen Generalkonferenz von 2019 angenommen worden war. Dieses Verfahren hatte eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2023 und betraf ausschliesslich Kirchgemeinden in den USA. Methodistenkirchen in anderen Ländern spalteten sich ebenfalls ab, konnten dabei aber auf angepasste Verfahren in ihren Ländern und Regionen zurückgreifen. 

Mit anderen Worten: Die weltweite Evangelisch-methodistischen Kirche sieht heute anders aus. Einnahmeneinbrüche in der Höhe dieser Abgänge verlangen markante Budgetkürzungen. Hier einige Beispiel: Die methodistische Africa University soll statt 9,35 Millionen Dollar nur noch 4,89 Millionen Dollar erhalten. Relativ bescheiden fallen die Kürzungen bei den Mitteln für die Bischöfe aus. Statt 92 Millionen sind es 78 Millionen. Dies hat aber trotzdem grosse Auswirkungen. So ist das General Council on Finance and Administration (GCFA) überzeugt, dass in Afrika auch nicht eines der dringend benötigten weiteren fünf neuen Bischofsgebiete eingerichtet werden kann. Andererseits wird es aktuell auch kaum möglich sein, Bischöfe in den USA einzusparen. Trotzdem ist an der Generalkonferenz mit einem Antrag zu rechnen, wenigstens drei der neuen Bischofssitze einzurichten. Im Ausbildungsbereich sollen 47.8% eingespart werden. Bei den verschiedenen Boards sieht das reduzierte Budget jeweils 45% weniger Mittel vor. Kürzungen in diesen Grössenordnungen können nicht ohne Entlassungen verkraftet werden.

Auch wenn die Kirche in den USA weitaus am Stärksten betroffen ist von diesen Kürzungen, werden auch wir in Europa davon etwas zu spüren bekommen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Dienstag, 16. April 2024

Regionalisierung

Ein Zitat

Model der einst afroamerikanischen Little-Ebenenzer-Kirche vor der Ebenezer United Methodist Church auf dem Capitol Hill in Washington DC.
Foto © Jörg Niederer
"Es ist einfach kein effektiver Weg, über Leistungsplanänderungen, die nur für die US-Kirche gelten, durch ein internationales Gremium abstimmen zu lassen, von dem die Mehrheit in Zukunft nicht betroffen sein wird oder nichts damit zu tun hat." Dale Jones von Wespath, der Rentenanstalt der United Methodist Church.

Ein Bibelvers - Apostelgeschichte 1,7

"Jesus antwortete: 'Ihr braucht die Zeiten und Fristen nicht zu kennen. Mein Vater allein hat sie in seiner Vollmacht festgelegt. Aber wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt, werdet ihr Kraft empfangen. Dann werdet ihr meine Zeugen sein – in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und bis ans Ende der Erde.'"

Eine Anregung

In der United Methodist Church (der Evangelisch-methodistischen Kirche) der USA gab es einst eine Zentralkonferenz, in der alle afroamerikanischen Gemeinden zusammengefasst waren. Die Erinnerungen daran sind geprägt von rassistischen Verwerfungen. Vermutlich gehörte die Little-Ebenezer-Kirche auf dem Capitol Hill auch zu dieser Zentralkonferenz. Die Bezeichnung "Zentralkonferenz", obwohl sie ausserhalb der USA üblich ist für die dortigen regionalen Strukturen, ist in den USA folglich ungeeignet, um damit eine Entwicklung zu bezeichnen, die für die Zukunft der Kirche wegbereitend sein kann: Die Regionalisierung.

Die Generalkonferenz, welche vom 23. April - 3. Mai in Charlotte, North Carolina stattfinden wird, beschäftigt sich genau damit. Der Regionalisierung. Anders als die Zentralkonferenzen ausserhalb der USA haben die fünf Jurisdiktionalkonferenzen der USA kein Recht, die Kirchenordnung anzupassen oder andere weitgehende Entscheidungen zu tätigen. Darum kommen alle diese Anträge und Gesetzesanpassungen, auch wenn sie nur die USA betreffen, vor die international zusammengesetzte Generalkonferenz, die alle vier Jahre tagt. So kommt es, dass sich die Generalkonferenz über 80% der Zeit mit US-Interna beschäftigt, und europäische, afrikanische und asiatische Delegierte mitentscheiden über z.B. die Pensionskasse der US-Pfarrpersonen. Das macht keinen Sinn, zumal die neusten Entwicklungen in der Zusammensetzung der Generalkonferenz dazu führen können, dass schon bald die Delegierten aus den USA in der Minderheit sein werden.

Nun sollen also die fünf US-amerikanischen Jurisdiktionalkonferenzen zu einer Regionalkonferenz zusammengefasst werden. Die Zentralkonferenzen im Ausland werden umbenannt in Regionalkonferenz. Alle Regionalkonferenzen haben die gleichen Adaptionsrechte und können die für ihre Region wichtigen Entscheide selbstständig fällen. Damit diese neue Struktur Wirklichkeit werden kann, braucht es eine 2/3-Mehrheit der Generalkonferenzdelegierten. Zudem braucht es eine 2/3-Mehrheit aller Delegierten an die Jährlichen Konferenzen weltweit.

Mit dieser strukturellen Anpassung ist es möglich, dass theologischen, ethischen und politischen Unterschieden in den verschiedenen Regionen der Welt Rechnung getragen werden. Die Regionalisierung ist aber keine Aufweichung des weltweiten Charakters der United Methodist Church. Nach wie vor werden sich alle Regionalkonferenzen eine gemeinsame Verfassung teilen, genauso wie weitere wichtige Text, etwa die Sozialen Grundsätze oder die Allgemeinen Regeln und darüber an der Generalkonferenz alle vier Jahre entscheiden.

Diese Entwicklung ist ganz im Sinn von John Wesley, der 1771 schrieb: "Was einen Methodisten kennzeichnet, sind nicht irgendwelche besonderen Ansichten. Ob er dieser oder jener Glaubensweise zustimmt, sich irgendwelche besondere Auffassungen zu eigen macht, die Lehre dieses oder jenes Menschen vertritt, tut nichts zur Sache. Wir glauben, dass die ganze Schrift von Gott eingegeben und das geschriebene Wort Gottes die alleinige und hinreichende Richtschnur des christlichen Glaubens und Lebens ist, und wir glauben, dass Christus ewiger und wahrhaftiger Gott ist. Aber in allen Fragen, die nicht an die Wurzel des christlichen Glaubens gehen, halten wir es mit der Regel: denken und denken lassen."

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Montag, 15. April 2024

Souvenir von Solferino

Ein Zitat

Anschrift in Solferino anlässlich des 110. Jahrestags der Genfer Konvention.
Foto © Jörg Niederer
"Wenn das Leben des Einzelnen heilig ist, ist es auch das Leben der Nation. Wenn der vereinzelte Mord mit Recht vom Weltgewissen verdammt wird, um wieviel mehr müsste von ihm die macht- und verhängnisvolle Organisation des Totschlages, die der Krieg darstellt, verdammt sein." Henry Dunant (1828-1910)

Ein Bibelvers - Jakobus 4,1-3

"Woher kommen die Kämpfe unter euch und woher die Streitigkeiten? Kommen sie nicht aus euren Leidenschaften, die in eurem Innern miteinander streiten? Ihr verlangt alles und bekommt nichts. Ihr geht über Leichen, seid gierig vor Neid, doch ihr erreicht dadurch nichts. Ihr kämpft und führt Kriege. Aber ihr habt nichts, weil ihr Gott nicht bittet."

Eine Anregung

Henry Dunant, das Rote Kreuz und die Genfer Konvention kennt in der Schweiz jedes Kind. Die Versorgung der Verwundeten der Schlacht von Solferino vom 24. Juni 1859 durch die ansässige Bevölkerung wurde zum Beispiel für eine kleine Schrift "Un souvenir de Solferino", und im Gefolge zur Gründung des Internationalen Roten Kreuzes. 

In den Zusatzprotokollen und der Genfer Konvention sind die international geltenden Regeln festgehalten, wie Menschen, die nicht mehr oder nicht an Kriegen teilnehmen, behandelt werden sollen. Auch einschränkende Faktoren der Kriegsführung wurden darin für alle Völker verbindlich reglementiert.

Schaut man aber auf die heutige Kriegsführung, fällt auf, dass nach wie vor die Zivilbevölkerung überproportional Opfer von Kriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen wird. Krieg führt immer zu Menschenrechtsverletzungen.

In den neuen Sozialen Grundsätzen, die der Generalkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (sie beginnt am 23. April), zur Annahme vorgelegt werden, heisst es: "Im Einklang mit internationalen Gesetzen und Verordnungen protestieren wir nachdrücklich gegen den Einsatz von Folter, Sklaverei, Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit und Aggressionsverbrechen seitens irgendeiner Regierung, und verlangen, dass die strengsten internationalen Sanktionen in solchen Fällen auferlegt werden."

Weiter steht da: "Die Kirche beklagt den Krieg und alle anderen Formen gewalttätigen Konflikts und drängt auf eine friedliche Beilegung aller Streitigkeiten. Wir sehnen uns nach dem Tag, wann es keinen Krieg mehr geben wird und Menschen gemeinsam in Frieden und Gerechtigkeit leben werden.
Wir bestehen darauf, dass alle friedlichen und diplomatischen Lösungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor es zu bewaffneten Konflikten kommt..."

Ob diese revidierten Sozialen Grundsätze an der Generalkonferenz angenommen werden, wird an der Kriegsführung und den zivilen Opfern leider nichts ändern. Aber es ist eine klare Botschaft an alle Kriegsparteien, dass unsere kirchliche Priorität der Frieden und die Linderung menschlichen Leids sind. Beten wir für Frieden an allen Orten. Suchen wir den Frieden, wo er zu finden ist. (Psalm 34,15)

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Sonntag, 14. April 2024

Geniessen

Ein Zitat

Apfelbaum-Blüten.
Foto © Jörg Niederer
"Hüte dich vor dem Imposanten! Aus der Länge des Stiels kann man nicht auf die Schönheit der Blüte schließen." Peter Altenberg (1859-1919)

Ein Bibelvers - Jesaja 35,1+2a

"Die Wüste und das dürre Land werden fröhlich sein. Die Steppe wird jubeln und blühen wie eine Lilie. Sie steht in voller Blüte und jubelt, sie jubelt und jauchzt vor Freude."

Eine Anregung

Sonntag. Einfach geniessen!

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Samstag, 13. April 2024

Ajo de oso

Ein Zitat

Blühender Bärlauch in der Allmend Frauenfeld.
Foto © Jörg Niederer
"Iss Lauch im März, wilden Knoblauch (Bärlauch) im Mai, dann haben die Ärzte das ganz Jahr über frei." Deutsches Sprichwort

Ein Bibelvers - Jeremia 2,27

"Vor Trauer brummen wir wie die Bären und gurren wie die Tauben. Wir hoffen auf Recht, aber es kommt nicht. Wir warten auf Rettung, doch sie bleibt aus."

Eine Anregung

Als die Menschen in der heutigen Schweiz begannen, Schafe und Rinder als Nutztiere zu halten, waren die Bären und Wölfe schon lange da. Davon zeugen auch gerade viele Pflanzennamen. Pflanzen, die man in Verbindung mit den Bären brachte, galten als besonders stärkend und heilsam. Das schreibt Anita Vonmont in einem Beitrag von SRF. Als Beispiel fügt sie Bärlapp, Bärenkraut, Bärentraube, Bärwurz und Bärlauch an. Ergänzen könnte man Wolfswurz, Wolfstrapp und Wolfsmilch für das zweite, hier seit Jahrtausenden heimische Grossraubtier. Auch belegt ist, dass Bären den Bärlauch fressen. Das konnte in Kanada mehrfach beobachtet werden.

Was einen Bären stark macht, das muss auch für Menschen besonders gut sein. So dachte man wohl schon zur Zeit der Römer und Kelten. Und so wundert es auch nicht, dass nicht nur auf Deutsch der Bärlauch so heisst. Abgleitet von der alten lateinischen Bezeichnung Allium ursinum wird das Kraut in vielen europäischen Sprachen so genannt.

Die Sprache und der Bärlauch sind geblieben, der Bär wurde an vielen Orten ausgerottet, so auch in Israel, wo er zur Zeit der biblischen Schriften noch überall heimisch war. Die Bären wurde damals, wie die Löwen, als Raubtiere gefürchtet. Und doch sieht die Bibel nicht die Ausrottung von Meister Petz als Lösung, sondern die friedliche Koexistenz. Dazu beschwört sie ein Bild voller symbolischer Hoffnung: Kuh und Bär weiden gemeinsam und ihre Jungtiere liegen beieinander (Jesaja 11,7). Auch wenn das ein utopisches Bild ist, entspricht es den heutigen Erkenntnissen zur Biodiversität. Wo es Bären und Wölfe hat, ist die Natur vielfältiger, die Zahl der Tier- und Pflanzenarten grösser und damit auch die Lebensgrundlage von Menschen harmonischer geordnet. Für Glaubende, die in Gott den Schöpfer aller Dinge sehen, ist das auch nicht verwunderlich. Denn Gott muss sich ja etwas dabei gedacht haben, als er den Bären werden liess und ihm den Bärlauch vor der Nase ausbreitete.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Freitag, 12. April 2024

Ich habe Rücken

Ein Zitat

Mauereidechsen auf einem Steinhaufen in den Murgauen.
Foto © Jörg Niederer
"Ich bin in einem Alter, wo ich beim Schuhe zubinden überlege, was ich noch machen kann, wenn ich schon mal hier unten bin." Herkunft unbekannt

Ein Bibelvers - Jeremia 2,27

"Sie alle haben zu Figuren aus Holz gesagt: 'Mein Vater, du hast mir das Leben gegeben!' Und zu den Figuren aus Stein haben sie gesagt: 'Du hast mich geboren!' Denn sie haben mir den Rücken zugewandt und nicht ihr Gesicht! Doch wenn es ihnen schlecht geht, rufen sie: 'Steh auf und hilf uns!'"

Eine Anregung

Gestern, als ich die gut 20 Mauereidechsen auf einem kleinen Steinhaufen entdeckte, dachte ich beim Betrachten der langen Schwänze: Bekommen Echsen Rückenschmerzen? Das wäre nicht schön für sie, haben sie doch noch viel mehr Wirbelsäule als ein Mensch, womit sich der Schmerz auf eine viel grössere Körpererstreckung ausweiten würde.

Warum ich darüber nachgedacht habe? "Ich habe Rücken"! So sagen es die deutschen Nachbarn, wenn sie von Rückenschmerzen geplagt werden. Wobei es grundsätzlich immer gut ist, wenn man einen Rücken hat. Er funktioniert ja meist recht zuverlässig. Gelegentlich wird er auch in einem Fitnesscenter trainiert. Erst wenn er schmerzt, fällt er speziell auf. Dann aber umso mehr.

Rückenschmerzen kommen ja selten gelegen. So auch bei mir. In einer Woche sollte ich an die Generalkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche fliegen. Es wäre schön, wenn ich bis dann bei gleichzeitig konstantem Rückgrat "keinen Rücken mehr habe". Auch ärgerlich: Bei diesem schönen Wetter würde ich mich gerne im Freien bewegen. So wie die flinken Mauereidechsen: Herumhuschen, von einem Stein zum andern springen. Geht aber gerade gar nicht. Also mache ich mein Leid noch etwas grösser, und bearbeite die zwei Steuererklärungen, für die ich zuständig bin. Muss ja auch einmal sein. Dann hat der Staat wenigstens etwas davon, dass ich Rücken habe.

Allen Leidgenossinnen und Leidgenossen wünsche ich gute Besserung und schnelle Heilung. Habt ihr die Steuererklärung schon gemacht? 

Nebenbei: Es gibt auch religiöse Bezüge zum Rücken. Da hat jemand eine Rückenschmerz-Bibel geschrieben. Die hat aber gar nichts mit der Passion Christi zu tun. Und dann lokalisiert man am Rücken auch ein Kreuz. Das tragen wir immer auf uns.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Donnerstag, 11. April 2024

Das Gegenteil von Elon Musk

Ein Zitat

Zilpzalp in der Allmend Frauenfeld.
Foto © Jörg Niederer
"alle worte in den mund nehmen / egal wo sie herkommen / und sie überall fallen lassen / ganz gleich wen es / trifft" Gedicht "künstlerische freiheit" von May Ayim auf dem Umschlag des Gedichtekalenders "Zilpzalp 2024"

Ein Bibelvers - Sprüche 22,1

"Ein guter Name ist kostbarer als grosser Reichtum. Anerkennung ist mehr wert als Silber und Gold."

Eine Anregung

In gewisser Weise ist er das Gegenteil von Elon Musk; der Zilpzalp. Der kleine Vogel, der nach seinem Ruf benannt ist, verhält sich unauffällig; Musk dagegen auffällig. Der Zilpzalp lebt ohne grossen Besitz; Musk mit einem unglaublichen Reichtum. Der Zilpzalp fliegt aus eigener Kraft; Musk kann das nicht. Der Zilpzalp spricht eindeutig; Musk verliert sich in Verschwörungstheorien. Der Zilpzalp ist für Menschen harmlos; von Musk kann man das nicht sagen. Vom Zilpzalp gibt es Tausende; von Musk glücklicherweise nur wenige. Der Zilpzalp kennt seine Grenzen; Musk wohl eher nicht. Der Zilpzalp hält sich nicht für den Erlöser der Menschheit; bei Musk bin ich mir da nicht so sicher. Der Zilpzalp lebt im Wald; für Musk werden Wälder gerodet. Auch gibt der Zilpzalp seinem Nachwuchs keine seltsamen Namen; Bei Papa Musk sage ich nur "X Æ A-XII"

Also mir imponiert der Zilpzalp. Ich halte ihn für ein grosses Vorbild für uns alle.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen

Mittwoch, 10. April 2024

Ungeziefer

Ein Zitat

Ein Feld-Sandlaufkäfer an der Bünz in Möriken.
Foto © Jörg Niederer
"Der Mistkäfer ist in den Augen seiner Mutter eine Schönheit." Sprichwort

Ein Bibelvers - Psalm 105,34

"Auf seinen [Gottes] Befehl kamen Heuschrecken und Ungeziefer in zahlloser Menge."

Eine Anregung

Behaarte Beine, Beisszange, grüner Anzug, grosse, aufmerksame Augen: Nein, das ist kein Handwerker auf Montage. Das ist ein Feld-Sandlaufkäfer. Jetzt, ab April kann man sie mit etwas Glück an trockenen warmen Standorten entdecken. Mit ihren spitzen Zähnen an der Kieferzange bewaffnet jagen sie nach Ameisen, Insekten und Spinnen. Auf der Flucht fliegt der Feld-Sandlaufkäfer ein kurzes Stück und setzt sich dann wieder in Blickrichtung Angreifer nieder.

Die Bibel kennt Käfer fast nur als Schädlinge. "Ungeziefer" werden sie genannt. Ursprünglich bezeichnete das althochdeutsche Wort "zebar" Opfertier. "unzebar" war folglich ein nicht für das Opfern geeignetes Tier. Heute ist nicht nur diese Wortbedeutung verloren gegangen. Auch opfern wir genau diese Tiere, denen wir nur wenig bis keinen Wert zumessen, zu Tausenden. Wir mögen so zivilisiert sein, dass wir keine rituellen Tieropfer mehr darbringen. Das müssen wir auch nicht. Denn unser Lebensstil ist ein unablässiges Opfern an Tieren, Pflanzen, und Lebensraum. Im Vergleich zur sogenannt vernunftbegabten Menschheit ist der Feld-Sandlaufkäfer geradezu ein netter Zeitgenosse.

Mindestens 505 verschiedene Laufkäfer soll es in der Schweiz geben. An manchen Tagen sehe ich von ihnen vielleicht 7-10 verschiedene Arten. An anderen Tagen läuft mir nicht einer über den Weg. Ich habe noch vieles nicht gesehen, was da um mich herum geschieht. Manches wird mir für immer verborgen bleiben. Das ist Grund genug, demütig zu werden, und rücksichtsvoller mit der Erde und allen Bewohnerinnen und Bewohnern umzugehen.

Jörg Niederer ist Pfarrer in der Evangelisch-methodistischen Kirche St. Gallen-Teufen